ie Menschen so lange ihre Augen, ihre
Empfindung gehabt? War es von 1646 bis 1767 allein dem hamburgischen
Dramaturgisten aufbehalten, Flecken in der Sonne zu sehen und ein Gestirn
auf ein Meteor herabzusetzen?
O nein! Schon im vorigen Jahrhunderte sass einmal ein ehrlicher Hurone in
der Bastille zu Paris; dem ward die Zeit lang, ob er schon in Paris war;
und vor langer Weile studierte er die franzoesischen Poeten; diesem
Huronen wollte die "Rodogune" gar nicht gefallen. Hernach lebte, zu
Anfange des itzigen Jahrhunderts, irgendwo in Italien, ein Pedant, der
hatte den Kopf von den Trauerspielen der Griechen und seiner Landesleute
des sechzehnten Saeculi voll, und der fand an der "Rodogune" gleichfalls
vieles auszusetzen. Endlich kam vor einigen Jahren sogar auch ein
Franzose, sonst ein gewaltiger Verehrer des Corneilleschen Namens, (denn,
weil er reich war und ein sehr gutes Herz hatte, so nahm er sich einer
armen verlassnen Enkelin dieses grossen Dichters an, liess sie unter seinen
Augen erziehen, lehrte sie huebsche Verse machen, sammelte Almosen fuer
sie, schrieb zu ihrer Aussteuer einen grossen eintraeglichen Kommentar ueber
die Werke ihres Grossvaters usw.) aber gleichwohl erklaerte er die "Rodogune"
fuer ein sehr ungereimtes Gedicht und wollte sich des Todes verwundern,
wie ein so grosser Mann, als der grosse Corneille, solch widersinniges
Zeug habe schreiben koennen.--Bei einem von diesen ist der Dramaturgist
ohnstreitig in die Schule gegangen; und aller Wahrscheinlichkeit nach
bei dem letztern; denn es ist doch gemeiniglich ein Franzose, der den
Auslaendern ueber die Fehler eines Franzosen die Augen eroeffnet. Diesem
ganz gewiss betet er nach;--oder ist es nicht diesem, wenigstens dem
Welschen,--wo nicht gar dem Huronen. Von einem muss er es doch haben. Denn
dass ein Deutscher selbst daechte, von selbst die Kuehnheit haette, an der
Vortrefflichkeit eines Franzosen zu zweifeln, wer kann sich das
einbilden?
Ich rede von diesen meinen Vorgaengern mehr bei der naechsten Wiederholung
der "Rodogune". Meine Leser wuenschen aus der Stelle zu kommen; und ich
mit ihnen. Itzt nur noch ein Wort von der Uebersetzung, nach welcher
dieses Stueck aufgefuehret worden. Es war nicht die alte Wolfenbuettelsche
vom Bressand, sondern eine ganz neue, hier verfertigte, die noch
ungedruckt lieget; in gereimten Alexandrinern. Sie darf sich gegen die
beste von dieser Art nicht schaemen, und ist voller starken, gluecklichen
Stellen. Der
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