Jetzt wurden Schritte laut vor dem Studierzimmer. Die Pfarrfrau oeffnete
die Tuere. Eine ganze Anzahl Maenner und Frauen standen da. Sie sagten,
dass sie des Herrn Pfarrers Meinung hoeren wollten, ob man fliehen sollte.
Der Pfarrer riet zur Flucht: "Morgen schon koennen die Feinde hier sein,"
sagte er, "und wir wissen ja, wie sie hausen. Wir Maenner sind unseres
Lebens nicht sicher, Frauen und Kinder sind ihren Schandtaten
preisgegeben. Jetzt koennen wir noch fluechten; die Landsleute in
Westpreussen und in der Mark werden uns barmherzig aufnehmen, das bin ich
ueberzeugt."
"Also wollen Sie gehen, Herr Pfarrer?"
"Wenn ihr geht, ja."
"Und wenn wir nicht gehen?"
"Dann werde ich bei euch bleiben."
Einer sah den andern an, sie waren still und ueberlegten. Die Pfarrfrau,
die neben ihrem Manne stand, hatte noch kein Wort gesprochen; aber jetzt
unterbrach sie das Schweigen und sagte fast bittend mit erregter Stimme:
"Warum wollt ihr denn nicht fort? Ihr koennt ja doch Haus und Hof nicht
schuetzen, rettet doch wenigstens das Leben! Ach wir wollen fliehen,
gleich heute, sonst ist es zu spaet!"
Da wandte einer der Bauern sich an sie: "Frau Pfarrer, ich glaube es
nicht, dass die Russen hier durchkommen; unser Ort liegt nicht an der
grossen Strasse; die Russen wollen doch auf Berlin marschieren, nach
Sudehnen werden sie schwerlich kommen. Wenn wir unsere Heimat verlassen,
dann geht sie uns verloren, denn allerhand Raubgesindel treibt sich
herum in solcher Zeit. Und in der Fremde werden wir alle ins bitterste
Elend kommen. Ich meine, wir sollten bleiben."
Die Andern stimmten zu. Die Pfarrfrau erblasste. Wohl legte ihr Mann den
Leuten noch mit der Landkarte in der Hand die Gefahr dar, aber sie
fuehlte: es ist umsonst, was er redet, sie koennen sich nicht trennen von
ihrer Heimat.
So kam es auch; die Leute verabschiedeten sich: "Wir danken auch, dass
Sie bei uns bleiben, Herr Pfarrer."
Sie gingen hinaus durch den Pfarrgarten. Dort spielten noch die Kinder
der Pfarrleute. Der Kleine sass in der Schaukel, das fuenfjaehrige Fickchen
kam zutraulich heran, sie kannte fast alle die Leute. Im Fortgehen
deutete einer der Maenner auf die Kinder: "Die haben wir auf dem
Gewissen, wenn sie in die Haende der Kosaken fallen. Was die Frau Pfarrer
betrifft, die waere gern geflohen."--"Ja, und der Herr Pfarrer war auch
dafuer."
"Kein Wunder; den Herrn Pfarrer Amelung aus Tenlauken sollen die Kosaken
erstochen haben, weil er
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