ei, dass wir ohne Schuld zu
diesem furchtbaren Krieg gezwungen wurden. Dann fragte er nach den
Feinden und sie riefen durcheinander: Russen, Franzosen, Serben,
Englaender, Belgier, Japaner, Montenegriner.--Und unsere Freunde? Da
schallte das einzige Wort durch die Klasse: Oesterreich!
"Ja, so viele Feinde und nur einen Freund! Da haben wir armen Deutschen
wohl auch noch gar keinen Sieg erfochten? Oder wisst ihr einen zu
nennen?"
Da bruellten sie durcheinander: "In Lothringen, Luettich, in Ostpreussen,
Namur, Maubeuge, Bruessel!"
Einer rief: "Paris!"
"Halt, halt, soweit sind wir noch nicht!"
"Aber soviel wie besiegt ist's!"
"Aber doch nicht besiegt. Nur kein Wort mehr sagen, als wahr ist! Ueber
was beschweren wir uns denn so sehr bei unseren Feinden, wer weiss es?"
"Ueber die Grausamkeit," rief einer.
"Ja, ich meine aber etwas anderes."
"Ueber das, dass sie gegen uns Krieg fuehren," meinte ein kindliches
Buerschlein.
"Ja freilich, aber das tun die Feinde meistens. Ich meine etwas, das mir
eingefallen ist, weil einer von euch schon Paris gerufen hat."
Jetzt kam es vielen zumal: "Ueber die Luegen."
"Jawohl, sie luegen. Pfui, das wollen wir ihnen nicht nachmachen; und wer
sonst manchmal uebertrieben oder geschwindelt hat, der soll sich's in
diesem Krieg abgewoehnen. Wer ein ehrlicher Deutscher ist, der sagt nicht
mehr als die Wahrheit."
Ploetzlich unterbrach sich der Lehrer: "Kinder, es ist schon halb neun
Uhr, schnell die Buecher her! Um zehn Uhr sprechen wir weiter. Ich moechte
von euch allen wissen, ob jemand aus euer Familie im Krieg ist. Das
erzaehlt ihr mir dann. Jetzt muss gelernt werden und zwar fest. Stramm an
die Pflicht wie unsere Soldaten!"
Es war heute ein guter Geist in der Klasse, fast ein militaerischer;
etwas vom Krieg war hereingeweht.
Um zehn Uhr wurde Professor Jahn zum Rektor gebeten, so konnte er nicht
bei seinen Schuelern bleiben. Als er nach der Pause zurueckkam und ueber
den grossen Vorraum ging, in dem sich sonst seine Klasse tummelte, traf
er dort nur die Knaben der Volksschule, keinen einzigen seiner Schueler.
"Seid ihr die ganze Zeit ueber im Schulzimmer geblieben?" fragte er, als
er wieder in seine Klasse trat. Erwin Planck, ein frischer Bursche, der
oft den Sprecher fuer die Klasse machte, gab auch jetzt aufrichtige
Antwort: "Draussen ist ein ganzer Haufen Volksschueler; da koennen wir
nicht hinaus. Wir haben oft Haendel mit ihnen gehabt, wenn wir an ihrer
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