nen uns doch gar nicht besinnen. Hier haben wir
unser reizendes Heim, hier hast du eine glaenzende Stellung; so bleiben
wir doch natuerlich hier und werden Franzosen. Denn was sollten wir in
Deutschland tun? Ganz von vorne anfangen, das waere doch zu toericht!"
"Ja, ja, ganz recht; es waere toericht und fuer dich zu schwer," antwortete
er; aber wieder trieb es ihn unruhig im Zimmer herum.
"Unsere Grosseltern waren noch Franzosen," sagte sie, "so koennen wir es
doch wieder werden. Sag, Liebster, was spricht dagegen?"
"O nichts," sagte er bitter, "nichts als das, dass ich als Soldat zur
deutschen Fahne geschworen habe. Und dass es mir ein sonderbares Gefuehl
ist, den Fahneneid, den ich in voller Begeisterung geschworen hatte, zu
brechen, in der Stunde, wo ganz Europa sich gegen das deutsche Heer
ruestet, dem ich als junger Mann angehoert habe mit Leib und Seele. Es ist
das schoenste, beste Heer mit seinen praechtigen Offizieren und seinem
edlen Kaiser. Aber jetzt, in der Stunde der Not, verlasse ich es. Pfui!
All die deutschen Offiziere--voran mein Hauptmann, der etwas auf mich
hielt und den ich verehrte--alle duerften mir zurufen: Pfui!"--
Charlotte stand ergriffen.
In diesem Augenblick kamen die zwei Knaben hereingesprungen, mit roten
Koepfen; lustig war ihr Eifer anzusehen: "Mama, wir sind schon in Berlin
gewesen und haben die Deutschen besiegt. Und ihren Kaiser haben wir
gefangen, dem soll es schlecht gehen!"
"Schweigt!" rief der Vater und in aufwallendem Zorne gab er dem aeltesten
eine Ohrfeige. Sehr bestuerzt ueber diese ganz ungewohnte Behandlung
verzogen sich die zwei kleinen Soldaten. Ihrer Mama kamen die Traenen.
"Verzeih," sagte der Mann, "ich war zu heftig. Aber ich kann's nicht
hoeren, dass meine Kinder gegen den Kaiser sind; es regt mich auf. Am
besten ist's, ich gehe jetzt fort, auf die Bank. Adieu!"
Er streckte ihr die Hand hin, sie griff darnach, aber sie weinte nur
noch bitterlicher. Beguetigend sagte er: "Ich werde Paul noch ein
freundliches Wort sagen, ich weiss ja, er hat die Ohrfeige nicht
verdient. Du musst nicht mehr darueber weinen!"
"Ach, das ist's nicht," sagte sie schluchzend, "aber geh nur jetzt, wir
koennen ja mittags alles besprechen."
Da verlief er das Haus, ging durch die Strassen zwischen der aufgeregten
Menge hindurch, hoerte nichts als Krieg und wieder Krieg; fand in der
Bank ein grosses Gedraenge von Menschen, die alle besorgt waren um ihr
Geld; sah den Bankdirektor
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