, und die sie, ohne viel zu denken, haben koennte. Ihr
Gang z.E., ihre Verbeugungen, brauchen gar nicht baeurisch zu sein; sie
koennen so gut und zierlich sein, als sie nur immer ein Tanzmeister kehren
kann; denn warum sollte sie von ihrem Tanzmeister nichts gelernt haben,
da sie sogar Quadrille gelernt hat? Und sie muss Quadrille nicht schlecht
spielen; denn sie rechnet fest darauf, dem Papa das Geld abzugewinnen.
Auch ihre Kleidung muss weder altvaetrisch, noch schlumpicht sein; denn
Frau Praatgern sagt ausdruecklich:
"Bist du vielleicht nicht wohl gekleidet?--Lass doch sehn!
Nun!--dreh dich um!--das ist ja gut, und sitzt galant.
Was sagt denn der Phantast, dir fehlte der Verstand?"
In dieser Musterung der Fr. Praatgern ueberhaupt hat der Dichter deutlich
genug bemerkt, wie er das Aeusserliche seiner stummen Schoene zu sein wuensche.
Gleichfalls schoen, nur nicht reizend.
"Lass sehn, wie traegst du dich?--Den Kopf nicht so zuruecke!"
Dummheit ohne Erziehung haelt den Kopf mehr vorwaerts, als zurueck; ihn
zurueckhalten, lehrt der Tanzmeister; man muss also Charlotten den
Tanzmeister ansehen, und je mehr, je besser; denn das schadet ihrer
Stummheit nichts, vielmehr sind die zierlich steifen Tanzmeistermanieren
gerade die, welche der stummen Schoenheit am meisten entsprechen; sie
zeigen die Schoenheit in ihrem besten Vorteile, nur dass sie ihr das
Leben nehmen.
"Wer fragt: hat sie Verstand? der seh' nur ihre Blicke."
Recht wohl, wenn man eine Schauspielerin mit grossen schoenen Augen zu
dieser Rolle hat. Nur muessen sich diese schoene Augen wenig oder gar nicht
regen; ihre Blicke muessen langsam und stier sein; sie muessen uns mit
ihrem unbeweglichen Brennpunkte in Flammen setzen wollen, aber
nichts sagen.
"Geh doch einmal herum!--Gut! hieher!--Neige dich!
Da haben wir's, das fehlt. Nein, sieh! So neigt man sich."
Diese Zeilen versteht man ganz falsch, wenn man Charlotten eine baeurische
Neige, einen dummen Knicks machen laesst. Ihre Verbeugung muss wohl gelernt
sein, und wie gesagt, ihrem Tanzmeister keine Schande machen. Frau
Praatgern muss sie nur noch nicht affektiert genug finden. Charlotte
verbeugt sich, und Frau Praatgern will, sie soll sich dabei zieren. Das
ist der ganze Unterschied, und Madame Loewen bemerkte ihn sehr wohl, ob
ich gleich nicht glaube, dass die Praatgern sonst eine Rolle fuer sie ist.
Sie kann die feine Frau zu wenig verbergen, und gewissen Gesichtern
|