zwischen beide Klippen durchzustehlen: so weiss ich doch nicht, ob ich
nicht viel lieber einen ganz andern Weg eingeschlagen waere. Besonders da
sich dieser andere Weg hier von selbst oeffnet. Manley, oder Amalia, wusste
ja, dass Freemann mit seiner vorgeblichen Frau nicht gesetzmaessig verbunden
sei. Warum konnte er also nicht dieses zum Grunde nehmen, sie ihm
gaenzlich abspenstig zu machen, und sich ihr nicht als einen Galan, dem es
nur um fluechtige Gunstbezeigungen zu tun, sondern als einen ernsthaften
Liebhaber anzutragen, der sein ganzes Schicksal mit ihr zu teilen bereit
sei? Seine Bewerbungen wuerden dadurch, ich will nicht sagen unstraeflich,
aber doch unstraeflicher geworden sein; er wuerde, ohne sie in ihren
eigenen Augen zu beschimpfen, darauf haben bestehen koennen; die Probe
waere ungleich verfuehrerischer und das Bestehen in derselben ungleich
entscheidender fuer ihre Liebe gegen Freemann gewesen. Man wuerde zugleich
einen ordentlichen Plan von seiten der Amalia dabei abgesehen haben;
anstatt dass man itzt nicht wohl erraten kann, was sie nun weiter tun
koennen, wenn sie ungluecklicherweise in ihrer Verfuehrung gluecklich
gewesen waere.
Nach der "Amalia" folgte das kleine Lustspiel des Saintfoix, "Der
Finanzpachter". Es besteht ungefaehr aus ein Dutzend Szenen von der
aeussersten Lebhaftigkeit. Es duerfte schwer sein, in einen so engen Bezirk
mehr gesunde Moral, mehr Charaktere, mehr Interesse zu bringen. Die
Manier dieses liebenswuerdigen Schriftstellers ist bekannt. Nie hat ein
Dichter ein kleineres niedlicheres Ganze zu machen gewusst, als er.
Den fuenfundzwanzigsten Abend (dienstags, den 26. Mai) ward die "Zelmire"
des Du Belloy wiederholt.
Einundzwanzigstes Stueck
Den 10. Julius 1767
Den sechsundzwanzigsten Abend (freitags, den 29. Mal) ward "Die
Muetterschule" des Nivelle de la Chaussee aufgefuehret.
Es ist die Geschichte einer Mutter, die fuer ihre parteiische Zaertlichkeit
gegen einen nichtswuerdigen schmeichlerischen Sohn die verdiente Kraenkung
erhaelt. Marivaux hat auch ein Stueck unter diesem Titel. Aber bei ihm ist
es die Geschichte einer Mutter, die ihre Tochter, um ein recht gutes,
gehorsames Kind an ihr zu haben, in aller Einfalt erziehet, ohne alle
Welt und Erfahrung laesst: und wie geht es damit? Wie man leicht erraten
kann. Das liebe Maedchen hat ein empfindliches Herz; sie weiss keiner
Gefahr auszuweichen, weil sie keine Gefahr kennet; sie verliebt sich in
den ersten
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