iese.
Denn erstlich wird dadurch die Verdopplung des naemlichen Charakters
vermieden. Essex ist stolz; und wenn Elisabeth auch stolz sein soll, so
muss sie es wenigstens auf eine andere Art sein. Wenn bei dem Grafen die
Zaertlichkeit nicht anders, als dem Stolze untergeordnet sein kann, so muss
bei der Koenigin die Zaertlichkeit den Stolz ueberwiegen. Wenn der Graf sich
eine hoehere Miene gibt, als ihm zukommt, so muss die Koenigin etwas weniger
zu sein scheinen, als sie ist. Beide auf Stelzen, mit der Nase nur immer
in der Luft einhertreten, beide mit Verachtung auf alles, was um sie ist,
herabblicken lassen, wuerde die ekelste Einfoermigkeit sein. Man muss nicht
glauben koennen, dass Elisabeth, wenn sie an des Essex Stelle waere, ebenso
wie Essex handeln wuerde. Der Ausgang weiset es, dass sie nachgebender ist
als er; sie muss also auch gleich von Anfange nicht so hoch daherfahren
als er. Wer sich durch aeussere Macht emporzuhalten vermag, braucht weniger
Anstrengung, als der es durch eigene innere Kraft tun muss. Wir wissen
darum doch, dass Elisabeth die Koenigin ist, wenn sie gleich Essex das
koeniglichere Ansehen gibt.
Zweitens ist es in dem Trauerspiele schicklicher, dass die Personen in
ihren Gesinnungen steigen, als dass sie fallen. Es ist schicklicher, dass
ein zaertlicher Charakter Augenblicke des Stolzes hat, als dass ein stolzer
von der Zaertlichkeit sich fortreissen laesst. Jener scheint sich zu erheben;
dieser zu sinken. Eine ernsthafte Koenigin, mit gerunzelter Stirne, mit
einem Blicke, der alles scheu und zitternd macht, mit einem Tone der
Stimme, der allein ihr Gehorsam verschaffen koennte, wenn die zu
verliebten Klagen gebracht wird und nach den kleinen Beduerfnissen ihrer
Leidenschaft seufzet, ist fast, fast laecherlich. Eine Geliebte hingegen,
die ihre Eifersucht erinnert, dass sie Koenigin ist, erhebt sich ueber sich
selbst, und ihre Schwachheit wird fuerchterlich.
Sechsundzwanzigstes Stueck
Den 28. Julius 1767
Den einunddreissigsten Abend (mittewochs, den 10. Juni) ward das Lustspiel
der Madame Gottsched, "Die Hausfranzoesin, oder die Mamsell" aufgefuehret.
Dieses Stueck ist eines von den sechs Originalen, mit welchen 1744, unter
Gottschedischer Geburtshilfe, Deutschland im fuenften Bande der "Schaubuehne"
beschenkt ward. Man sagt, es sei, zur Zeit seiner Neuheit, hier und da
mit Beifall gespielt worden. Man wollte versuchen, welchen Beifall es
noch erhalten wuerde, und es erhielt de
|