raurige Raserei; da koennen wir alles
lernen, was sie angeht, sie erwecken und sie vermeiden.
Aber ist es denn immer Shakespeare, werden einige meiner Leser fragen,
immer Shakespeare, der alles besser verstanden hat als die Franzosen? Das
aergert uns; wir koennen ihn ja nicht lesen.--Ich ergreife diese
Gelegenheit, das Publikum an etwas zu erinnern, das es vorsaetzlich
vergessen zu wollen scheinet. Wir haben eine Uebersetzung von Shakespeare.
Sie ist noch kaum fertig geworden, und niemand bekuemmert sich schon mehr
darum. Die Kunstrichter haben viel Boeses davon gesagt. Ich haette grosse
Lust, sehr viel Gutes davon zu sagen. Nicht, um diesen gelehrten Maennern
zu widersprechen; nicht, um die Fehler zu verteidigen, die sie darin
bemerkt haben: sondern weil ich glaube, dass man von diesen Fehlern kein
solches Aufheben haette machen sollen. Das Unternehmen war schwer; ein
jeder anderer, als Herr Wieland, wuerde in der Eil' noch oeftrer verstossen
und aus Unwissenheit oder Bequemlichkeit noch mehr ueberhuepft haben; aber
was er gut gemacht hat, wird schwerlich jemand besser machen. So wie er
uns den Shakespeare geliefert hat, ist es noch immer ein Buch, das man
unter uns nicht genug empfehlen kann. Wir haben an den Schoenheiten, die
es uns liefert, noch lange zu lernen, ehe uns die Flecken, mit welchen es
sie liefert, so beleidigen, dass wir notwendig eine bessere Uebersetzung
haben muessten.
Doch wieder zur "Zaire". Der Verfasser brachte sie im Jahre 1733 auf die
Pariser Buehne; und drei Jahr darauf ward sie ins Englische uebersetzt, und
auch in London auf dem Theater in Drury-Lane gespielt. Der Uebersetzer war
Aaron Hill, selbst ein dramatischer Dichter, nicht von der schlechtesten
Gattung. Voltaire fand sich sehr dadurch geschmeichelt, und was er, in
dem ihm eigenen Tone der stolzen Bescheidenheit, in der Zuschrift seines
Stuecks an den Englaender Falkener, davon sagt, verdient gelesen zu werden.
Nur muss man nicht alles fuer vollkommen so wahr annehmen, als er es
ausgibt. Wehe dem, der Voltairens Schriften ueberhaupt nicht mit dem
skeptischen Geiste lieset, in welchem er einen Teil derselben
geschrieben hat!
Er sagt z.E. zu seinem englischen Freunde: "Eure Dichter hatten eine
Gewohnheit, der sich selbst Addison[2] unterworfen; denn Gewohnheit ist
so maechtig als Vernunft und Gesetz. Diese gar nicht vernuenftige
Gewohnheit bestand darin, dass jeder Akt mit Versen beschlossen werden
musste, die in einem ganz andern G
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