geben und eine warme Empfindung in eine
frostige Schlussrede verwandeln.
Denen, die mich verstehen, darf ich nur sagen, dass ungefaehr auf diesen
Schlag das ganze Stueck uebersetzt ist. Jede feinere Gesinnung ist in ihren
gesunden Menschenverstand paraphrasiert, jeder affektvolle Ausdruck in
die toten Bestandteile seiner Bedeutung aufgeloeset worden. Hierzu koemmt
in vielen Stellen der haessliche Ton des Zeremoniells; verabredete
Ehrenbenennungen kontrastieren mit den Ausrufungen der geruehrten Natur
auf die abscheulichste Weise. Indem Cenie ihre Mutter erkennet, ruft sie:
"Frau Mutter! o welch ein suesser Name!" Der Name Mutter ist suess; aber Frau
Mutter ist wahrer Honig mit Zitronensaft! Der herbe Titel zieht das
ganze, der Empfindung sich oeffnende Herz wieder zusammen. Und in dem
Augenblicke, da sie ihren Vater findet, wirft sie sich gar mit einem
"Gnaediger Herr Vater! ich bin Ihrer Gnade wert!" ihm in die Arme. Mon
pere! auf deutsch: Gnaediger Herr Vater. Was fuer ein respektuoeses Kind!
Wenn ich Dorsainville waere, ich haette es ebenso gern gar nicht wieder
gefunden, als mit dieser Anrede.
Madame Loewen spielt die Orphise; man kann sie nicht mit mehrerer Wuerde
und Empfindung spielen. Jede Miene spricht das ruhige Bewusstsein ihres
verkannten Wertes; und sanfte Melancholie auszudruecken, kann nur ihrem
Blicke, kann nur ihrem Tone gelingen.
Cenie ist Madame Hensel. Kein Wort faellt aus ihrem Munde auf die Erde.
Was sie sagt, hat sie nicht gelernt; es koemmt aus ihrem eignen Kopfe, aus
ihrem eignen Herzen. Sie mag sprechen, oder sie mag nicht sprechen, ihr
Spiel geht ununterbrochen fort. Ich wuesste nur einen einzigen Fehler; aber
es ist ein sehr seltner Fehler; ein sehr beneidenswuerdiger Fehler. Die
Aktrice ist fuer die Rolle zu gross. Mich duenkt einen Riesen zu sehen, der
mit dem Gewehre eines Kadetts exerzieret. Ich moechte nicht alles machen,
was ich vortrefflich machen koennte.
Herr Ekhof in der Rolle des Dorimond ist ganz Dorimond. Diese Mischung
von Sanftmut und Ernst, von Weichherzigkeit und Strenge, wird gerade in
so einem Manne wirklich sein, oder sie ist es in keinem. Wann er zum
Schlusse des Stuecks vom Mericourt sagt: "Ich will ihm so viel geben, dass
er in der grossen Welt leben kann, die sein Vaterland ist; aber sehen mag
ich ihn nicht mehr!" wer hat den Mann gelehrt, mit ein paar erhobenen
Fingern, hierhin und dahin bewegt, mit einem einzigen Kopfdrehen, uns auf
einmal zu zeigen, was das
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