rste Versuch in ihrem achtzehnten
Jahre ward ein Meisterstueck. Es ist merkwuerdig, dass auch die franzoesische
Schauspielerin, welche die Zaire zuerst spielte, eine Anfaengerin war. Die
junge reizende Mademoiselle Gaussin ward auf einmal dadurch beruehmt, und
selbst Voltaire ward so entzueckt ueber sie, dass er sein Alter recht
klaeglich bedauerte.
Die Rolle des Orosman hatte ein Anverwandter des Hill uebernommen, der
kein Komoediant von Profession, sondern ein Mann von Stande war. Er
spielte aus Liebhaberei und machte sich nicht das geringste Bedenken,
oeffentlich aufzutreten, um ein Talent zu zeigen, das so schaetzbar als
irgendein anders ist. In England sind dergleichen Exempel von angesehenen
Leuten, die zu ihrem blossen Vergnuegen einmal mitspielen, nicht selten.
"Alles was uns dabei befremden sollte", sagt der Hr. von Voltaire "ist
dieses, dass es uns befremdet. Wir sollten ueberlegen, dass alle Dinge in
der Welt von der Gewohnheit und Meinung abhangen. Der franzoesische Hof
hat ehedem auf dem Theater mit den Opernspielern getanzt; und man hat
weiter nichts Besonders dabei gefunden, als dass diese Art von Lustbarkeit
aus der Mode gekommen. Was ist zwischen den beiden Kuensten fuer ein
Unterschied, als dass die eine ueber die andere ebensoweit erhaben ist, als
es Talente, welche vorzuegliche Seelenkraefte erfodern, ueber bloss
koerperliche Fertigkeiten sind?"
Ins Italienische hat der Graf Gozzi die "Zaire" uebersetzt; sehr genau und
sehr zierlich; sie stehet in dem dritten Teile seiner Werke. In welcher
Sprache koennen zaertliche Klagen ruehrender klingen, als in dieser? Mit der
einzigen Freiheit, die sich Gozzi gegen das Ende des Stuecks genommen,
wird man schwerlich zufrieden sein. Nachdem sich Orosman erstochen, laesst
ihn Voltaire nur noch ein paar Worte sagen, uns ueber das Schicksal des
Nerestan zu beruhigen. Aber was tut Gozzi? Der Italiener fand es ohne
Zweifel zu kalt, einen Tuerken so gelassen wegsterben zu lassen. Er legt
also dem Orosman noch eine Tirade in den Mund, voller Ausrufungen, voller
Winseln und Verzweiflung. Ich will sie der Seltenheit halber unter den
Text setzen.[1]
Es ist doch sonderbar, wie weit sich hier der deutsche Geschmack von dem
welschen entfernet! Dem Welschen ist Voltaire zu kurz; uns Deutschen ist
er zu lang. Kaum hat Orosman gesagt "verehret und gerochen"; kaum hat er
sich den toedlichen Stoss beigebracht, so lassen wir den Vorhang
niederfallen. Ist es denn aber auch wahr
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