ie er seinen Gaesten vorhin so dringend empfohlen
hatte, und Beide unterhielten sich noch laengere Zeit ueber die
verschiedenen Beobachtungen in der Gesellschaft, waehrend die Lakaien in
den uebrigen Zimmern die Gasflammen ausloeschten.
Fuenftes Capitel.
Der Reichskanzler von Oesterreich-Ungarn, Graf Beust, schritt langsam
und nachdenklich in seinem Cabinet des Palais am Ballhausplatz zu Wien
auf und nieder. Sein sorgfaeltig frisirtes Haar war ein wenig duenner und
ein wenig grauer geworden; doch die Haltung seiner grossen schlanken
Gestalt zeigte noch immer jugendliche Elasticitaet und Frische. Sein
bleiches, geistdurchleuchtetes Gesicht, seine klaren, scharfen Augen
schienen von dem Fortschritt der Zeit nicht beruehrt worden zu sein; nur
das leicht ironische Laecheln seines seinen, etwas seitwaerts gezogenen
Mundes war nicht mehr so heiter und siegesgewiss als frueher.
Er hielt einen ziemlich umfangreichen Bericht in Quartformat in der Hand
und blickte von Zeit zu Zeit kopfschuettelnd auf die grosse und deutliche
Schrift welche das Papier bedeckte.
"Die Katastrophe," sagte er, an einem der grossen Fenster stehen
bleibend und sinnend in die truebe Nebelluft hinausblickend, in welcher
einzelne Schneeflocken umherwirbelten, "die Katastrophe, welche seit
fast vier Jahren wie eine Wetterwolke ueber Europa haengt, scheint sich
dem entscheidenden Ausbruch nahen zu wollen.--Merkwuerdig," fuhr er fort,
"alle meine Feinde in Deutschland und auch in Preussen, sie betrachten
mich fortwaehrend als den geheimen Ruhestoerer des europaeischen Friedens,
und doch ist in all dieser Zeit mein ganzes Bestreben darauf gerichtet,
ueberall wo sich die schwebenden Differenzen zu acuten Conflicten
zuspitzen, Alles wieder auszugleichen und um jeden Preis die Ruhe zu
erhalten. Von der Luxemburger Affaire bis zu dieser Stunde bin ich der
unermuedlichste und eifrigste Waechter des Friedens in Europa, denn ich
bedarf den Frieden fuer mein Werk, das ich in Oesterreich begonnen. Dies
arme, so schwer geschlagene Oesterreich kann noch lange keinen
kriegerischen Anstoss ertragen. Alles was im Innern angebaut ist, wuerde
zusammenbrechen. Mein Werk--meine Stellung"--fuegte er seufzend hinzu,
"wuerde in demselben Augenblick zu Ende sein, in welchem die innere
Entwickelung dessen, was ich begonnen, von aussen her gestoert wuerde, und
selbst im Fall des Sieges wuerde nicht ich es sein, der die Fruechte
desselben pflueckte. Jeder Krieg, der in
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