ang und hoch aufgeschossene Gestalt,
fast noch hoeher, als sein Vater, doch waehrend die Gestalt des Koenigs in
ihrer Proportion einen harmonischen Eindruck von Wuerde und Majestaet
machte, hatten die Glieder des jungen Prinzen noch keine rechte
Festigkeit und seinen Bewegungen fehlte die anmuthige Leichtigkeit und
Sicherheit. Das schoene glaenzende Haar des Prinzen war kurz geschnitten
und von der schmalen zuruecktretenden Stirn aufwaerts emporgekaemmt. Der
Blick seiner Augen, den er oft durch eine Lorgnette mit grossen Glaesern
verhuellte, war freundlich und gutmuethig. Seine platte, eingedrueckte Nase
und sein breiter etwas vorstehender Mund, mit schoenen frischen Zaehnen,
war von jeder Aehnlichkeit mit dem edlen Schnitt der Gesichtszuege seines
Vaters weit entfernt und das freundliche Laecheln, welches gewoehnlich
seinen Mund umspielte, beruehrte nicht so sympathisch als die
liebenswuerdige Heiterkeit, welche das Gesicht des Koenigs erhellte.
Der Geheime Cabinetsrath, welcher hinter dem Kronprinzen in das Zimmer
trat, mochte etwa zwei- bis dreiundsechzig Jahre alt sein. Seine
auffallend kleine, magere Gestalt war gebueckt und in sich
zusammengefallen, sein faltiges, bartloses Gesicht mit dem kurzen grauen
Haar zeigte einen stets muerrischen, kalt abwehrenden Ausdruck, und seine
kleinen, scharfen und geistvollen Augen blickten mit einem leisen Anflug
von kritischer Ironie durch die Glaeser seiner feinen Brille.
Der Kronprinz schritt schnell zu seinem Vater hin, beugte sich zu
demselben herab, und der Koenig kuesste ihn herzlich auf die Stirn. Dann
setzte sich der Prinz zu dem Koenig und dem Grafen Platen, waehrend der
Cabinetsrath auf der andern Seite des Tisches Platz nahm.
"Darf ich Sie bitten, mein lieber Graf," sagte Georg V., sich an den
Minister wendend, "mir nunmehr Ihre Meinungen ueber die Massregeln
auszusprechen, welche nothwendig werden, um die Aufloesung der
Emigration, welche ich leider unabaenderlich habe beschliessen muessen,
durchzufuehren."
"Majestaet," sagte der Graf Platen, indem er sich in sich
zusammenschmiegte, "ich muss zunaechst noch einmal darauf zurueckkommen,
genau zu constatiren, dass mit den Allerhoechst Ihnen zur Verfuegung
stehenden Mitteln der koenigliche Hofhalt und die zur Geltendmachung
Ihrer Rechte nothwendigen Ausgaben auf die Dauer nicht bestritten
werden koennen, wenn die zur Erhaltung der Emigration notwendige sehr
hohe Summe von nahezu vierhunderttausend Thalern jaehrli
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