aere es anders geworden. Sie wollte immer, dass
unser einziger Sohn studiren sollte. Nun,"--sagte er, leicht mit der
Hand ueber die Augen fahrend, "sie ist lange dahingegangen, und der Junge
hatte immer so grosse Freude an den Knoepfen der Uniform und den
Epauletten und bat so dringend, dass er auch des Koenigs Rock tragen
duerfe, dass ich ihm nachgegeben habe. Jetzt ist es geschehen, und er muss
den Weg zu Ende gehen. Gott gebe, dass er mehr Glueck und Freude auf
demselben finden moege, als mir zu Theil geworden ist."
"Mein lieber Freund," sagte der Baron von Rantow, indem der Ausdruck
phlegmatischer Zerstreutheit und Gleichgueltigkeit auf seinem Gesicht
einen Augenblick von einem waermeren Gefuehl verdraengt wurde, "Du darfst
nicht vergessen, dass das Leben eines Soldaten in seinem ruhigen und
einfoermigen Gang dafuer aber auch von manchen Sorgen und Aufregungen
verschont bleibt, die uns treffen und dass es doch auch schoen ist," fuegte
er hinzu, dem Oberstlieutenant die Hand drueckend, "sich zuletzt sagen zu
koennen, dass man alle Zeit mit Ehren seine Pflicht erfuellt hat."
"Ja, ja," erwiderte der Oberstlieutenant mehrmals mit dem Kopf nickend,
"das ist Alles ganz schoen, aber man fragt sich denn doch auch, wozu das
Alles, wo ist der Nutzen, den dieses Leben von Arbeit, Pflichterfuellung
und Entbehrung gebracht hat?"
"Der Nutzen?" fragte Baron von Rantow lebhaft. "Du wirst den Nutzen
nicht im Kreise des Einzelnen, nicht in der beschraenkten Zeit eines
Menschenlebens suchen; Ihr Alle, die Ihr Eure Kraefte und Arbeit im
militairischen Dienst dem Staat widmet, schafft Glied fuer Glied, Kette
fuer Kette jene grosse gewaltige Macht, die Armee, die in den
entscheidendsten Augenblicken der Weltgeschichte heraustritt und fuer
alle die Ideen, welche die geistige Thaetigkeit erzeugt und entwickelt
hat, die Bahnen bricht und den Raum schafft. Wie Viele haben sich in den
fuenfzig letzten Friedensjahren gefragt, wofuer sie ihre Kraefte
anstrengten! Wie Viele sind gestorben, ohne eine Antwort auf diese
Frage zu erhalten! Das Jahr 1866 hat diese Antwort gegeben, und Du, mein
alter Freund, gehoerst zu den Gluecklichen, denn Du hast jenes Jahr noch
mit erlebt und mit durchgekaempft. Du wenigstens weisst, wofuer Du gestrebt
und gearbeitet hast."
"Nun, nun," sagte der Oberstlieutenant, indem er sich laechelnd den
Schnurrbart strich, "ich murre auch nicht weiter. Wird auch der einzige
Stein in einem grossen Bau nicht bemerkt, er
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