vor sich nieder,
dann erhob er das kluge offene Auge zu dem Kaiser, der mit dem Ausdruck
lebhaftester Spannung seine Antwort erwartete. Er sprach ruhig und
langsam, jedes Wort scharf betonend:
"Eure Majestaet haben mir in wenig Worten eine Frage gestellt, welche
nicht leicht ist kurz zu beantworten.--Es ist wahr, Sire," fuhr er fort,
"dass ich den Fehler, den die franzoesische Politik im Jahre 1866 gemacht
hat, heute noch schmerzlich beklage. In jenem Fehler liegt die Wurzel,
der Anfang der ganzen Verlegenheit, in welcher wir uns gegenwaertig
befinden. Ob aber dieser Fehler wieder gut zu machen ist, ob er heute
oder in naher Zeit gut zu machen ist--daran, Sire, muss ich ernstlich
zweifeln. Frankreich befindet sich, wenn ich einen Vergleich brauchen
darf, in der Lage eines Mannes, der es verweigert hat ein Duell
anzunehmen in dem Augenblick, wo man ihn beleidigt hat, er empfindet
spaeter in der allgemeinen Missachtung die Folgen seiner Unschluessigkeit.
Aber gewiss kann er sie dadurch nicht gut machen, dass er irgend eine
Gelegenheit vom Zaune bricht, um sich zu schlagen. Fuer uns ist in diesem
Augenblick eine richtige, einer grossen Nation wuerdige Veranlassung zum
Kriege nicht vorhanden. Wir haben alle Veraenderungen, welche der Krieg
von 1866 in Deutschland hervorgerufen, acceptirt, wir haben den Prager
Frieden nicht nur geschehen lassen, sondern haben selbst bei dessen
Abschluss mitgewirkt. Alles, was jetzt in Deutschland geschieht, ist nur
die Consequenz jenes Friedensvertrages, und mag man hier und da ueber
den Wortlaut desselben hinausgehen, fuer Frankreich kann darin gewiss kein
Grund zu einem so furchtbaren und folgenschweren Krieg liegen, durch den
man heute mit dem Einsatz aller Kraefte und der ganzen Machtstellung des
Landes einen Fehler wieder gut machen wollte, der damals durch eine
einfache militairische Demonstration haette vermieden werden koennen.--
"Ich sage nicht, Sire," fuhr er fort, als der Kaiser ihn erstaunt und
verwundert anblickte, "ich sage nicht, dass der Conflict zwischen dem
sich immer fester constituirenden Deutschland und Frankreich nicht
frueher oder spaeter kommen muesse. Heute aber ist er noch in keiner Weise
reif, und vor allen Dingen kann es nicht die Initiative Frankreichs
sein, welche diesen Conflict hervorrufen darf. Die Fragen, um welche es
sich in diesem Augenblick handelt, sind nicht franzoesische. Frankreich
ist weder der vertragschliessende Theil, noch garantirende Macht bei
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