schen Bibliothek des
Diodati stehet. Ich muss es zum Troste des groessten Haufens unserer
Uebersetzer anfuehren, dass ihre italienischen Mitbrueder meistenteils noch
weit elender sind, als sie. Gute Verse indes in gute Prosa uebersetzen,
erfodert etwas mehr als Genauigkeit; oder ich moechte wohl sagen, etwas
anders. Allzu puenktliche Treue macht jede Uebersetzung steif, weil
unmoeglich alles, was in der einen Sprache natuerlich ist, es auch in der
andern sein kann. Aber eine Uebersetzung aus Versen macht sie zugleich
waessrig und schielend. Denn wo ist der glueckliche Versifikateur, den nie
das Silbenmass, nie der Reim, hier etwas mehr oder weniger, dort etwas
staerker oder schwaecher, frueher oder spaeter, sagen liesse, als er es, frei
von diesem Zwange, wuerde gesagt haben? Wenn nun der Uebersetzer dieses
nicht zu unterscheiden weiss; wenn er nicht Geschmack, nicht Mut genug
hat, hier einen Nebenbegriff wegzulassen, da statt der Metapher den
eigentlichen Ausdruck zu setzen, dort eine Ellipsis zu ergaenzen oder
anzubringen: so wird er uns alle Nachlaessigkeiten seines Originals
ueberliefert und ihnen nichts als die Entschuldigung benommen haben,
welche die Schwierigkeiten der Symmetrie und des Wohlklanges in der
Grundsprache fuer sie machen.
Die Rolle der Melanide ward von einer Aktrice gespielet, die nach einer
neunjaehrigen Entfernung vom Theater aufs neue in allen den
Vollkommenheiten wieder erschien, die Kenner und Nichtkenner, mit und
ohne Einsicht, ehedem an ihr empfunden und bewundert hatten. Madame Loewen
verbindet mit dem silbernen Tone der sonoresten, lieblichsten Stimme, mit
dem offensten, ruhigsten und gleichwohl ausdruckfaehigsten Gesichte von
der Welt das feinste, schnel1ste Gefuehl, die sicherste, waermste
Empfindung, die sich, zwar nicht immer so lebhaft, als es viele wuenschen,
doch allezeit mit Anstand und Wuerde aeussert. In ihrer Deklamation
akzentuiert sie richtig, aber nicht merklich. Der gaenzliche Mangel
intensiver Akzente verursacht Monotonie; aber ohne ihr diese vorwerfen zu
koennen, weiss sie dem sparsamern Gebrauche derselben durch eine andere
Feinheit zu Hilfe zu kommen, von der, leider! sehr viele Akteurs ganz und
gar nichts wissen. Ich will mich erklaeren. Man weiss, was in der Musik das
Mouvement heisst; nicht der Takt, sondern der Grad der Langsamkeit oder
Schnelligkeit, mit welchen der Takt gespielt wird. Dieses Mouvement ist
durch das ganze Stueck einfoermig; in dem naemlichen Masse d
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