Thomson wider
diese Narrenschellen, mit der man der Melpomene nachklingelt, geeifert
hat. Wenn ich daher wuenschte, dass auch bei uns neue Origina1stuecke nicht
ganz ohne Einfuehrung und Empfehlung vor das Publikum gebracht wuerden, so
versteht es sich von selbst, dass bei dem Trauerspiele der Ton des Epilogs
unserm deutschen Ernste angemessener sein muesste. Nach dem Lustspiele
koennte er immer so burlesk sein, als er wollte. Dryden ist es, der bei
den Englaendern Meisterstuecke von dieser Art gemacht hat, die noch itzt
mit dem groessten Vergnuegen gelesen werden, nachdem die Spiele selbst, zu
welchen er sie verfertiget, zum Teil laengst vergessen sind. Hamburg haette
einen deutschen Dryden in der Naehe; und ich brauche ihn nicht noch einmal
zu bezeichnen, wer von unsern Dichtern Moral und Kritik mit attischem
Salze zu wuerzen, so gut als der Englaender verstehen wuerde.
----Fussnote
[1] Teil VI, S. 15.
----Fussnote
Achtes Stueck
Den 26. Mai 1767
Die Vorstellungen des ersten Abends wurden den zweiten wiederholt.
Den dritten Abend (freitags, den 24. v. M.) ward "Melanide" aufgefuehret.
Dieses Stueck des Nivelle de la Chaussee ist bekannt. Es ist von der
ruehrenden Gattung, der man den spoettischen Beinamen der Weinerlichen
gegeben. Wenn weinerlich heisst, was uns die Traenen nahe bringt, wobei wir
nicht uebel Lust haetten zu weinen, so sind verschiedene Stuecke von dieser
Gattung etwas mehr, als weinerlich; sie kosten einer empfindlichen Seele
Stroeme von Traenen; und der gemeine Prass franzoesischer Trauerspiele
verdienet, in Vergleichung ihrer, allein weinerlich genannt zu werden.
Denn eben bringen sie es ungefaehr so weit, dass uns wird, als ob wir
haetten weinen koennen, wenn der Dichter seine Kunst besser
verstanden haette.
"Melanide" ist kein Meisterstueck von dieser Gattung; aber man sieht es
doch immer mit Vergnuegen. Es hat sich selbst auf dem franzoesischen
Theater erhalten, auf welchem es im Jahre 1741 zuerst gespielt ward. Der
Stoff, sagt man, sei aus einem Roman, "Mademoiselle de Bontems" betitelt,
entlehnet. Ich kenne diesen Roman nicht; aber wenn auch die Situation der
zweiten Szene des dritten Akts aus ihm genommen ist, so muss ich einen
Unbekannten, anstatt des de la Chaussee, um das beneiden, weswegen ich
wohl eine "Melanide" gemacht zu haben wuenschte.
Die Uebersetzung war nicht schlecht; sie ist unendlich besser, als eine
italienische, die in dem zweiten Bande der theatrali
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