ziehen, um zu bemerken, dass Evander diesen Satz aus
eigener Erfahrung habe, dass er selbst der Alte sei, von dem er gelte.
Es ist Zeit, dass ich von dieser Ausschweifung ueber den Vortrag der
moralischen Stellen wieder zurueckkomme. Was man Lehrreiches darin findet,
hat man lediglich den Beispielen des Herrn Ekhof zu danken; ich habe
nichts als von ihnen richtig zu abstrahieren gesucht. Wie leicht, wie
angenehm ist es, einem Kuenstler nachzuforschen, dem das Gute nicht bloss
gelingt, sondern der es macht!
Die Rolle der Clorinde ward von Madame Henseln gespielt, die ohnstreitig
eine von den besten Aktricen ist, welche das deutsche Theater jemals
gehabt hat. Ihr besonderer Vorzug ist eine sehr richtige Deklamation; ein
falscher Akzent wird ihr schwerlich entwischen; sie weiss den
verworrensten, holprigsten, dunke1sten Vers mit einer Leichtigkeit, mit
einer Praezision zu sagen, dass er durch ihre Stimme die deutlichste
Erklaerung, den vol1staendigsten Kommentar erhaelt. Sie verbindet damit
nicht selten ein Raffinement, welches entweder von einer sehr gluecklichen
Empfindung, oder von einer sehr richtigen Beurteilung zeuget. Ich glaube
die Liebeserklaerung, welche sie dem Olint tut, noch zu hoeren:
"--Erkenne mich! Ich kann nicht laenger schweigen;
Verstellung oder Stolz sei niedern Seelen eigen.
Olint ist in Gefahr, und ich bin ausser mir--
Bewundernd sah ich oft im Krieg und Schlacht nach dir;
Mein Herz, das vor sich selbst sich zu entdecken scheute,
War wider meinen Ruhm und meinen Stolz im Streite.
Dein Unglueck aber reisst die ganze Seele hin,
Und itzt erkenn' ich erst, wie klein, wie schwach ich bin.
Itzt, da dich alle die, die dich verehrten, hassen,
Da du zur Pein bestimmt, von jedermann verlassen,
Verbrechern gleichgestellt, ungluecklich und ein Christ,
Dem furchtbarn Tode nah, im Tod noch elend bist:
Itzt wag' ich's zu gestehn: itzt kenne meine Triebe!"
Wie frei, wie edel war dieser Ausbruch! Welches Feuer, welche Inbrunst
beseelten jeden Ton! Mit welcher Zudringlichkeit, mit welcher
Ueberstroemung des Herzens sprach ihr Mitleid! Mit welcher Entschlossenheit
ging sie auf das Bekenntnis ihrer Liebe los! Aber wie unerwartet, wie
ueberraschend brach sie auf einmal ab und veraenderte auf einmal Stimme und
Blick und die ganze Haltung des Koerpers, da es nun darauf ankam, die
duerren Worte ihres Bekenntnisses zu sprechen. Die Augen zur Erde
geschlagen, nach
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