er zu geben, welche die alten
Kunstwerke so imponierend macht. Sie darf sich, sie muss sich das Wilde
eines Tempesta, das Freche eines Bernini oefters erlauben; es hat bei ihr
alle das Ausdrueckende, welches ihm eigentuemlich ist, ohne das
Beleidigende zu haben, das es in den bildenden Kuensten durch den
permanenten Stand erhaelt. Nur muss sie nicht allzu lang darin verweilen;
nur muss sie es durch die vorhergehenden Bewegungen allmaehlich vorbereiten
und durch die darauf folgenden wiederum in den allgemeinen Ton des
Wohlanstaendigen aufloesen; nur muss sie ihm nie alle die Staerke geben, zu
der sie der Dichter in seiner Bearbeitung treiben kann. Denn sie ist zwar
eine stumme Poesie, aber die sich unmittelbar unsern Augen verstaendlich
machen will; und jeder Sinn will geschmeichelt sein, wenn er die
Begriffe, die man ihm in die Seele zu bringen gibet, unverfaelscht
ueberliefern soll.
Es koennte leicht sein, dass sich unsere Schauspieler bei der Maessigung, zu
der sie die Kunst auch in den heftigsten Leidenschaften verbindet, in
Ansehung des Beifalles nicht allzuwohl befinden duerften.--Aber welches
Beifalles?--Die Galerie ist freilich ein grosser Liebhaber des Laermenden
und Tobenden, und selten wird sie ermangeln, eine gute Lunge mit lauten
Haenden zu erwidern. Auch das deutsche Parterre ist noch ziemlich von
diesem Geschmacke, und es gibt Akteurs, die schlau genug von diesem
Geschmacke Vorteil zu ziehen wissen. Der Schlaefrigste rafft sich, gegen
das Ende der Szene, wenn er abgehen soll, zusammen, erhebet auf einmal
die Stimme und ueberladet die Aktion, ohne zu ueberlegen, ob der Sinn
seiner Rede diese hoehere Anstrengung auch erfodere. Nicht selten
widerspricht sie sogar der Verfassung, mit der er abgehen soll; aber was
tut das ihm? Genug, dass er das Parterre dadurch erinnert hat, aufmerksam
auf ihn zu sein, und wenn es die Guete haben will, ihm nachzuklatschen.
Nachzischen sollte es ihm! Doch leider ist es teils nicht Kenner genug,
teils zu gutherzig, und nimmt die Begierde, ihm gefallen zu wollen,
fuer die Tat.
Ich getraue mich nicht, von der Aktion der uebrigen Schauspieler in diesem
Stuecke etwas zu sagen. Wenn sie nur immer bemueht sein muessen, Fehler zu
bemaenteln, und das Mittelmaessige geltend zu machen: so kann auch der Beste
nicht anders, als in einem sehr zweideutigen Lichte erscheinen. Wenn wir
ihn auch den Verdruss, den uns der Dichter verursacht, nicht mit entgelten
lassen, so sind wir doch nicht a
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