die Kirche. Die Kirche von Turmero
ist ein kostbares, aber mit architektonischen Zierrathen ueberladenes
Gebaeude. Seit die Missionaere den Pfarrern Platz gemacht, haben die Weissen
Manches von den Sitten der Indianer angenommen. Die letzteren verschwinden
nach und nach als besondere Race, das heisst sie werden in der Gesammtmasse
der Bevoelkerung durch die Mestizen und die Zambos repraesentirt, deren
Anzahl fortwaehrend zunimmt. Indessen habe ich in den Thaelern von Aragua
noch 4000 zinspflichtige Indianer angetroffen. In Turmero und Guacara sind
sie am zahlreichsten. Sie sind klein, aber nicht so untersetzt wie die
Chaymas; ihr Auge verraeth mehr Leben und Verstand, was wohl weniger Folge
der Stammverschiedenheit als der hoeheren Civilisation ist. Sie arbeiten,
wie die freien Leute, im Taglohn; sie sind in der kurzen Zeit, in der sie
arbeiten, ruehrig und fleissig; was sie aber in zwei Monaten verdient,
verschwenden sie in einer Woche fuer geistige Getraenke in den Schenken,
deren leider von Tag zu Tag mehr werden.
In Turmero sahen wir ein Ueberbleibsel der Landmiliz beisammen. Man sah es
den Leuten an, dass diese Thaeler seit Jahrhunderten eines ununterbrochenen
Friedens genossen hatten. Der Generalcapitaen wollte das Militaerwesen
wieder in Schwung bringen und hatte grosse Uebungen angeordnet. Da hatte in
einem Scheingefecht das Bataillon von Turmero auf das von Victoria Feuer
gegeben. Unser Wirth, ein Milizlieutenant, wurde nicht muede, uns zu
schildern, wie gefaehrlich ein solches Manoever sey. "Rings um ihn seyen
Gewehre gewesen, die jeden Augenblick zerspringen konnten; er habe vier
Stunden in der Sonne stehen muessen, und seine Sklaven haben ihm nicht
einmal einen Sonnenschirm ueber den Kopf halten duerfen." Wie rasch doch die
scheinbar friedfertigsten Voelker sich an den Krieg gewoehnen! Ich laechelte
damals ueber eine Hasenfuessigkeit, die sich mit so naiver Offenherzigkeit
kundgab, und zwoelf Jahre darauf wurden diese selben Thaeler von Aragua, die
friedlichen Ebenen bei Victoria und Turmero, das Defile von Cabrera und
die fruchtbaren Ufer des Sees von Valencia der Schauplatz der blutigsten,
hartnaeckigsten Gefechte zwischen den Eingeborenen und den Truppen des
Mutterlandes.
Suedlich von Turmero springt ein Bergzug aus Kalkstein in die Ebene vor und
trennt zwei schoene Zuckerpflanzungen, die Guayavita und die Paja. Letztere
gehoert der Familie des Grafen Tovar, der ueberall in der Provinz
Besitzungen hat.
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