ich am westlichen Ufer zweimal abgemessen. Das Bett des
Orinoco war beim gegenwaertigen tiefen Wasserstand 1906 Toisen breit; aber
in der Regenzeit, wenn der Berg Curiquima und der Hof Capuchino beim Huegel
Pocopocori Inseln sind, moegen es 5517 Toisen werden. Zum starken
Anschwellen des Orinoco traegt auch der Druck der Wasser des Apure bei, der
nicht, wie andere Nebenfluesse, mit dem Obertheil des Hauptstroms einen
spitzen Winkel bildet, sondern unter einem rechten Winkel einmuendet. Wir
massen an verschiedenen Punkten des Bettes die Temperatur des Wassers;
mitten im Thalweg, wo die Stroemung am staerksten ist, betrug sie 28 deg.,3, in
der Naehe der Ufer 29 deg.,2.
Wir fuhren zuerst gegen Suedwest hinaus bis zum Gestade der
Guaricotos-Indianer auf dem linken Ufer des Orinoco, und dann gegen Sued.
Der Strom ist so breit, dass die Berge von Encaramada aus dem Wasser
emporzusteigen scheinen, wie wenn man sie ueber dem Meereshorizont saehe.
Sie bilden eine ununterbrochene, von Ost nach West streichende Kette, und
je naeher man ihnen kommt, desto malerischer wird die Landschaft. Diese
Berge bestehen aus ungeheuren zerkluefteten, auf einander gethuermten
Granitbloecken. Die Theilung der Gebirgsmasse in Bloecke ist eine Folge der
Verwitterung. Zum Reiz der Gegend von Encaramada traegt besonders der
kraeftige Pflanzenwuchs bei, der die Felswaende bedeckt und nur die
abgerundeten Gipfel frei laesst. Man meint, altes Gemaeuer rage aus einem
Walde empor. Aus dem Berg, an den sich die Mission lehnt, dem *Tepupano*
der Tamanacos, stehen drei ungeheure Granitcylinder, von denen zwei
geneigt sind, waehrend der dritte, unten schmaelere und ueber 80 Fuss hohe,
senkrecht stehen geblieben ist. Dieser Felsen, dessen Form an die
*Schnarcher* im Harz oder an die *Orgeln von Actopan* in Mexico erinnert,
war frueher ein Stueck des runden Berggipfels. Zu allen Erdstrichen hat der
nicht geschichtete Granit das Eigenthuemliche, dass er durch Verwitterung in
prismatische, cylindrische oder saeulenfoermige Bloecke zerfaellt.
Gegenueber dem Gestade der Guaricotos kamen wir in die Naehe eines andern,
ganz niedrigen, drei bis vier Toisen langen Felshaufens. Er steht mitten
in der Ebene und gleicht nicht sowohl einem Tumulus als den Granitmassen,
die man in Holland und Niederdeutschland _'Huenenbetten'_ nennt. Der
Ufersand an diesem Stueck des Orinoco ist nicht mehr reiner Quarzsand, er
besteht aus Thon und Glimmerblaettchen in sehr duennen Schicht
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