hend am Boden. Mit ihren weiten blauen Kutten, geschorenen Koepfen und
langen Baerten haetten wir sie fuer Orientalen gehalten! Die armen
Ordensleute nahmen uns sehr freundlich auf und ertheilten uns alle
Auskunft, deren wir zur Weiterfahrt bedurften. Sie litten seit mehreren
Monaten am dreitaegigen Wechselfieber, und ihr blasses, abgezehrtes
Aussehen ueberzeugte uns unschwer, dass in den Laendern, die wir zu betreten
im Begriff standen, die Gesundheit des Reisenden allerdings gefaehrdet sey.
Dem indianischen Steuermann, der uns von San Fernando am Apure bis zum
Strande von Pararuma gebracht hatte, war die Fahrt durch die
*Stromschnellen*(15) des Orinoco neu, und er wollte uns nicht weiter
fuehren. Wir mussten uns seinem Willen fuegen. Gluecklicherweise fand sich der
Missionaer von Carichana willig, uns zu sehr billigem Preise eine huebsche
Pirogue abzutreten; ja der Missionaer von Atures und Maypures bei den
grossen Katarakten, Pater Bernardo Zea, erbot sich, obgleich er krank war,
uns bis zur Grenze von Brasilien zu begleiten. Der Indianer, welche die
Canoes ueber die *Raudales* hinauf schaffen helfen, sind so wenige, dass
wir, haetten wir keinen Moench bei uns gehabt, Gefahr gelaufen waeren,
wochenlang an diesem feuchten, ungesunden Orte liegen bleiben zu muessen.
An den Ufern des Orinoco gelten die Waelder am Rio Negro fuer ein koestliches
Land. Wirklich ist auch die Luft dort frischer und gesunder, und es gibt
im Fluss fast keine Krokodile; man kann unbesorgt baden und ist bei Tag und
Nacht weniger als am Orinoco vom Insektenstich geplagt. Pater Zea hoffte,
wenn er die Missionen am Rio Negro besuchte, seine Gesundheit
wiederherzustellen. Er sprach von der dortigen Gegend mit der
Begeisterung, mit der man in den Colonien auf dem Festland Alles ansieht,
was in weiter Ferne liegt.
Die Versammlung der Indianer bei Pararuma bot uns wieder ein Schauspiel,
wie es den Culturmenschen immer dazu anregt, den wilden Menschen und die
allmaehliche Entwicklung unserer Geisteskraefte zu beobachten. Man straeubt
sich gegen die Vorstellung, dass wir in diesem gesellschaftlichen
Kindheitszustand, in diesem Haufen truebseliger, schweigsamer,
theilnahmloser Indianer das urspruengliche Wesen unseres Geschlechts vor
uns haben sollen. Die Menschennatur tritt uns hier nicht im Gewande
liebenswuerdiger Einfalt entgegen, wie sie die Poesie in allen Sprachen so
hinreissend schildert. Der Wilde am Orinoco schien uns so widrig abstossend
als
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