Wasser, zogen die Pirogue mit einem Strick ans Ufer und
banden sie an der _Piedra de Carichana vieja_ fest, einer nackten
Felsbank, auf der wir uebernachteten. Das Gewitter hielt lange in die Nacht
hinein an; der Fluss stieg bedeutend und man fuerchtete mehreremale, die
wilden Wogen moechten unser schwaches Fahrzeug vom Ufer losreissen.
Der Granitfels, auf dem wir lagerten, ist einer von denen, auf welchen
Reisende zu Zeiten gegen Sonnenaufgang unterirdische Toene, wie Orgelklang,
vernommen haben. Die Missionare nennen dergleichen Steine _'laxas de
musica'_. "Es ist Hexenwerk" (_cosa de bruxas_) sagte unser junger
indianischer Steuermann, der castilianisch sprach. Wir selbst haben diese
geheimnissvollen Toene niemals gehoert, weder in Carichana, noch am obern
Orinoco; aber nach den Aussagen glaubwuerdiger Zeugen laesst sich die
Erscheinung wohl nicht in Zweifel ziehen, und sie scheint auf einem
gewissen Zustand der Luft zu beruhen. Die Felsbaenke sind voll feiner, sehr
tiefer Spalten und sie erhitzen sich bei Tag auf 48--50 Grad. Ich fand oft
ihre Temperatur bei Nacht an der Oberflaeche 39 deg., waehrend die der
umgebenden Luft 28 deg. betrug. Es leuchtet alsbald ein, dass der
Temperaturunterschied zwischen der unterirdischen und der aeussern Luft sein
Maximum um Sonnenaufgang erreicht, welcher Zeitpunkt sich zugleich vom
Maximum der Waerme am vorhergehenden Tage am weitesten entfernt. Sollten
nun die Orgeltoene, die man hoert, wenn man, das Ohr dicht am Gestein, auf
dem Fels schlaeft, nicht von einem Luftstrom herruehren, der aus den Spalten
dringt? Hilft nicht der Umstand, dass die Luft an die elastischen
Glimmerblaettchen stoesst, welche in den Spalten hervorstehen, die Toene
modificiren? Laesst sich nicht annehmen, dass die alten Egypter, die
bestaendig den Nil auf und ab fuhren, an gewissen Felsen in der Thebais
dieselbe Beobachtung gemacht, und dass _'die Musik der Felsen'_
Veranlassung zu den Gaukeleien gegeben, welche die Priester mit der
Bildsaeule Memnons trieben? Wenn die "rosenfingerige Eos ihrem Sohn, dem
ruhmreichen Memnon, eine Stimme verlieh,"(23) so war diese Stimme
vielleicht die eines unter dem Fussgestell der Bildsaeule versteckten
Menschen, aber die Beobachtung der Eingeborenen am Orinoco, von der hier
die Rede ist, scheint ganz natuerlich zu erklaeren, was zu dem Glauben der
Egypter, ein Stein toene bei Sonnenaufgang, Anlass gegeben.
Fast zur selben Zeit, da ich diese Vermuthungen einigen Gelehrt
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