en Stuhl gelegt und
ihre Schuhe vor die Tuer gestellt.
Von dem, was die Mutter getan und bis zur Vollkommenheit getan hatte,
ging sie zu dem ueber, was die Mutter getan haette, wenn sie an Marits
Stelle gewesen waere; und vor allem, was sie _nicht_ getan haette, wenn
sie Marit waere. Das war schwieriger. So als Frau Dawes versicherte, die
Mutter sei immer nur so weit geradelt, wie man sie sehen konnte. "Woher
weisst Du das?" fragte Marit.--"Ich weiss es daher, dass Dein Vater und
Deine Mutter nie voneinander getrennt waren."--"Das ist wahr, Marit",
fiel der Vater ein, froh, dass er auch einmal zu dem ja sagen konnte, was
Frau Dawes einfiel; denn das meiste war doch durchaus nicht wahr.
Je weiter der Unterricht fortschritt, desto mehr Freude machte es Frau
Dawes selbst, und desto groesseren Einfluss gewann sie auf das Kind. Sie
machte es sich zur Aufgabe, das Traumleben Marits auszuroden, das ein
Erbteil der Mutter war und in ueppiger Bluete stand, solange der Vater
zuhoerte und seinen Spass daran hatte.
Einmal im Fruehjahr kam Marit schnell herein und erzaehlte ihrem Vater, in
dem alten Baum zwischen den Graebern der Mutter und der Grossmutter sei
ein kleines Nest und in dem Nest seien ganz, ganz kleine Eier. "Das ist
ein Gruss von Mutter, nicht?" Er nickte und ging mit ihr, um es zu
besehen. Als sie aber naeher kamen, flog der Vogel auf und piepte
jaemmerlich. "Mutter sagt, wir sollen nicht naeher heran?" fragte sie
ihren Vater.--Er bejahte es. "Dann wuerden wir Mutter stoeren?" fragte sie
weiter. Er nickte.----Sie gingen seelenvergnuegt wieder nach Hause und
sprachen den ganzen Weg von Mutter. Als Marit Frau Dawes hiervon
erzaehlte, sagte sie: "Das sagt Dein Vater nur, um Dich nicht zu
betrueben, Kind. Koennte Deine Mutter Dir eine Botschaft senden, so kaeme
sie selbst."--Die Revolution, die diese wenigen grausamen Worte
anrichteten, war nicht abzusehen. Sie veraenderten auch das Verhaeltnis
zum Vater.----
Die Schule ging ihren regelrechten Gang, die Erziehung auch, bis Marit
nahezu dreizehn Jahr alt war, lang und duenn und grossaeugig mit ueppigem,
rotem Haar und weisser, zarter Haut ohne Sommersprossen, was Frau Dawes'
besonderer Stolz war.
Da kam der Vater eines Tages aus der Bibliothek herein und unterbrach
den Unterricht. Das war in den ganzen Jahren nicht ein einzigesmal
geschehen. Marit bekam frei; Frau Dawes ging mit dem Vater in die
Bibliothek. "Bitte lesen Sie diesen Brief!"--
Sie las und erfuhr
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