RG. Ein erstaunliches Alter! "Mein Gott, man ist so allein in
der Welt, ohne herzliche Erbauung, ohne Pflege, ohne Stuetze und was das
entmuthigendste, man quaelt sich und weiss nicht wofuer! Kannst Du's noch
zu etwas bringen, da 's Dir bisher so wenig glueckte! Entsage den
taeuschenden Hoffnungen und heirathe, schnell, um jeden Preis!" Diese
Gefuehle nahmen nach und nach Dein ausschweifendes Herz gefangen.--O ich
kenne das! 's ist zu beseligend auf der untersten Stufe des Erwerbes
stehen zu bleiben! Welche Wonne nach wenigen Jahren, trittst Du von der
erschoepfenden Arbeit spaet Abends in den dumpfen Raum der ungastlichen
Huette! Die weiland rosenwangige schmucke Jungfrau, verwandelt in ein
blasses Weib, nachlaessig mit Lumpen behaengt, in der unerbaulichen
Haushaltung an Koerper und Geist verkuemmert, kommt Dir muerrisch oder
vorwurfsvoll entgegen. Sie haelt die zitternde Hand auf; es fehlt dieses
und jenes und vor allem Brod, denn die Kleinen schreien: "Mehr, mehr, Du
giebst nicht genug; wir muessen verhungern. Abscheulicher, ich weiss wo
das Geld bleibt" . . . Sie schilt Dich einen Saeufer und untersucht Dir
verzweifelt die Taschen.--Dieser Zustand mag im Sommer noch golden
sein,--aber im Winter! Woher die warme Kleidung, das noethige Holz und
auf Neujahr die Miethe?! Der angestrengteste Fleiss ringt dem kurzen Tage
kaum die Haelfte der Beduerfnisse ab. Die Zukunft muss verpfaendet werden.
Schulden ueber Schulden haeufen sich; eine flaue Zeit tritt hinzu. Die
Thaetigkeit stockt, die Loehne werden herabgesetzt.--Wie abbezahlen oder
womit sich helfen? Die Glaeubiger werden ungeduldig, sie stellen einen
Termin, bis dahin und nicht weiter.--Ein Gerichtsdiener! O Himmel! der
elende Kram des Hausrath's muss fort. "Seht wo ihr die Kinder bettet."
"Was verschuldeten doch die Aermsten, sie koennen auf faulem Stroh in der
Kaelte nicht schlafen!" Keine Gnade!--Die schlechte Nahrung und das
ungesunde Lager erzeugen Krankheiten. Der Vater im Schuldthurm, die
Mutter von Haus zu Haus bettelnd, die leidenden unschuldigen Geschoepfe
hilflos unter verriegelter Pforte!--Dies ist das Paradies, welches Dich
anzieht. Nimm jetzt Dein Buch artig untern Arm und geh' nach Hause.
ALBERT. Darf ich dem verzweifelnden Maedchen denn keine troestende
Hoffnung ueberbringen!?
QUESTENBERG. Verstockter Kopf, sagte ich noch nicht genug!--Ich soll
helfen, dass Dein schoenes Talent sich im Keime zerstoere? Da muesst' ich
kein Mann von Gewissen sein! (I
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