auf
seinem Schreibtisch einen Brief, der Frau von Tressens Handschrift trug.
Mit nicht geringer Spannung ergriff er das Schreiben, oeffnete und las:
(Privat) 'Lieber Hederich! Wir haben heute abend bei Breckens, die
eine Gesellschaft zu sich geladen, abgesagt. Weder mein Mann noch ich
sind in der Stimmung, daran teil zu nehmen. Ich muss Sie notwendig
sprechen. Bitte, kommen Sie zur Theezeit, wenn Sie nicht versagt sind,
und gehen Sie hinten die Treppen hinauf.
S. von Tressen.'
Noch unter dem Eindruck des Gespraeches, das er am Nachmittag mit der
Pastorin gehabt hatte, regten die Zeilen Hederich ausserordentlich auf.
Sicher war etwas sehr Bedeutsames vorgekommen. Er konnte es nicht
erwarten, dass sich der Zeiger der Uhr auf acht schob, und begab sich
dann, einen versteckten Umweg nehmend, durch die Hinterthuer des
Souterrains ins Haus. Aber als er eben die Treppe hinaufeilen wollte,
trat ihm Tankred mit einigen bestaubten Flaschen Wein, die er selbst aus
dem Keller geholt hatte, entgegen und sagte, seinen Verwalter
erblickend, sehr erstaunt:
"Sie hier? Ich denke, Sie sind nach Elsterhausen gefahren? Schon zurueck?
Was wuenschen Sie? Suchen Sie etwas?"
"Drum und dran, ich wollte oben ein Packet Handschuhe abgeben, die ich
fuer Frau von Tressen mitgebracht habe," entgegnete Hederich, sich
schnell fassend. "Ich vermutete die Herrschaften unten bei Ihnen und
wollte vorn wegen der Gesellschaft nicht stoeren.
Guten Abend, Herr von Brecken! Viel Vergnuegen!--"
Aber Tankred liess sich so nicht abfertigen. Wenn Hederich nach oben
ging, fand er Tressens; ohne Zweifel wuerden Sie ihn auffordern, zum Thee
zu bleiben, und gewisse, am Nachmittag stattgehabte Dinge wuerden zur
Sprache kommen. Das passte ihm nicht.
So setzte er denn die Weinflaschen nieder und sagte: "Was wollen Sie
sich die Treppe hinaufbemuehen, Hederich. Geben Sie das Packet nur her.
Ich werde es meiner Schwiegermutter einhaendigen."
Die Situation war hoechst peinlich. Wenn Hederich erklaerte, dass er gar
kein Packet habe, stand er als Luegner da, und ablehnen konnte er fueglich
Tankreds Anerbieten auch nicht. Da aber zu viel auf dem Spiel stand,
nicht nur fuer ihn, sondern auch fuer Tressens, nahm er seine ganze
Unerschrockenheit zusammen und sagte, indem er nach einer Bewegung, die
seine Bereitwilligkeit ausdrueckte, Tankreds Wunsch zu willfahren,
erschrocken in die hintere Tasche seines Rockes griff:
"Na, das ist aber noch besser
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