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solch' traurigen Verhaeltnissen, wurde fuer nicht Wenige toedtlich, fuer Alle
furchtbar. Man marschirte quer durch die Steppe, auf einer Strasse, die
durch den mit seiner Avantgarde vorausziehenden Emir nur noch staubiger
geworden war. Dazu war Befehl gegeben, moeglichst schnell nachzuruecken, so
dass nur selten und dann nur kurze Zeit Halt gemacht wurde. Diese 150 Werst
unter brennender Sonne zurueckzulegen schien, trotz der Schnelligkeit der
Bewegung, ein endloser Weg zu sein!
Es ist eine ganz unfruchtbare Gegend, die sich dort vom rechten Ufer des
Obi bis zum Fusse der Vorberge erstreckt, welche zu dem von Norden nach
Sueden verlaufenden Sayanskgebirge gehoeren. Kaum unterbrechen einige
magere, halb verbrannte Gebuesche die Einfoermigkeit dieser grenzenlosen
Ebene. Von Bodencultur ist bei dem Wassermangel hier keine Rede, und auch
den von dem anstrengenden Marsche erschoepften Gefangenen fehlte es vor
allen Dingen an dem erquickenden Wasser. Um einen Fluss anzutreffen, haette
man sich etwa fuenfzig Werst weiter nach Osten begeben muessen, bis zu dem
Fusse jenes Landrueckens, der die Wasserscheide zwischen dem Obi und Jenisei
darstellt. Dort laeuft der Tom, ein kleiner Nebenfluss des Obi, der auch die
Stadt Tomsk durchfliesst, bevor er sich in einer der grossen Wasseradern des
Nordens verliert. Dort waere Wasser in Ueberfluss, die Steppe minder duerr,
die Hitze nicht so drueckend gewesen. Die Fuehrer des Zuges hatten aber die
gemessensten Befehle erhalten, auf dem kuerzesten Wege nach Tomsk zu
marschiren, denn der Emir musste jede Stunde fuerchten, in der Flanke gefasst
und von einer aus den noerdlichen Provinzen herab dringenden russischen
Colonne abgeschnitten zu werden. Die grosse sibirische Heerstrasse beruehrte
nun aber die Ufer des Tom nicht, wenigstens nicht mit dem Tracte zwischen
Kolyvan und dem naechsten kleinen, Zabediero genannten Flecken, - und von
der Strasse durfte nicht abgewichen werden.
Wir wollen uns nicht unnuetzer Weise bei den Leiden so vieler ungluecklicher
Gefangener aufhalten. Mehrere Hundert fielen auf der Steppe, wo ihre
Leichen einfach liegen blieben, bis die vom Winter wieder hierher
getriebenen hungrigen Woelfe den Rest ihrer Gebeine verzehrten.
So wie Nadia jeden Augenblick bei der Hand war, der alten Sibirerin
helfend beizuspringen, so erwies auch Michael Strogoff, da er sich frei
bewegen konnte, seinen schwaechlicheren Leidensgefaehrten alle unter diesen
Verhaeltnissen moeglichen
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