cht Alles auf's Spiel zu setzen.
Die Gefangenen lagerten die ganze Nacht ueber an den Ufern des Tom. Der
Emir hatte den Befehl erlassen, seine Truppen am folgenden Tage nach Tomsk
hinein zu fuehren. Dort sollte die Verlegung des Hauptquartiers nach jener
wichtigen Stadt durch ein grosses militaerisches Fest gefeiert werden.
Feofar-Khan residirte schon in dem Fort derselben, waehrend das Gros der
Armee vor den Mauern bivouakirte, um vereint mit der nachfolgenden
Abtheilung einen imposanten Einzug zu halten.
Iwan Ogareff hatte den Emir in Tomsk gelassen, woselbst Beide am Tage
vorher eingetroffen waren, und war nach dem Lager von Zabediero zurueck
gekehrt. Von dort wollte er am folgenden Tage mit der Arrieregarde des
tartarischen Heeres aufbrechen. Zu seinem Nachtquartier fand er daselbst
ein eigenes Haus vorgerichtet. Mit Sonnenaufgang setzte sich die
Infanterie und Cavallerie der Truppe unter seinem Befehle nach Tomsk in
Bewegung, wo der Emir Alle mit dem bei den asiatischen Souveraenen
gebraeuchlichen Pompe empfangen wollte.
Nach Organisirung des Lagers durften die von den drei Marschtagen auf's
Aeusserste erschoepften Gefangenen endlich ihren quaelenden Durst loeschen und
einige Ruhe geniessen.
Schon war die Sonne untergegangen und der Horizont nur noch durch ein
schwaches Daemmerlicht erhellt, als Nadia, am Arme Marfa Strogoff, am Ufer
des Tom anlangten. Beide hatten vorher die dichten Massen der
Verschmachteten, welche das Flussufer umdraengten, nicht zu durchbrechen
vermocht und kamen jetzt erst dazu, sich einen erfrischenden Trank zu
erobern.
Die alte Sibirerin beugte sich erschoepft ueber das Wasser; Nadia schoepfte
daraus mit ihrer Hand und fuehrte diese an Marfa's Lippen. Dann erst
erquickte sie sich auch selbst. Die bejahrte Frau und das junge Maedchen
tranken ein neues Leben aus den wohlthaetigen Fluthen.
Da wandte sich Nadia, eben als sie das Ufer wieder verlassen wollten,
ploetzlich um. Ein unwillkuerlicher Aufschrei entrang sich ihren Lippen.
Michael Strogoff war da, nur wenige Schritte von ihr!
Ja, er war es! Das letzte Tageslicht fiel auf ihn.
Michael Strogoff erzitterte wohl bei jenem Schrei ... Er gewann aber genug
Herrschaft ueber sich, um nicht ein Wort hoeren zu lassen, das ihn haette
compromittiren koennen.
Gleichzeitig mit Nadia hatte er auch seine Mutter erkannt!...
Tiefbewegt von diesem unerwarteten Zusammentreffen drueckte Michael
Strogoff, um seiner Herr zu bleiben, die
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