nnung ueber sie; aber
sie raffte sich wieder auf und flog zu dem weinenden, offenbar eben von
Schmerzen gepeinigten Kinde, nahm es voll Zaertlichkeit an sich und
suchte es zu beruhigen.
Und dann folgten noch zwanzig Minuten schrecklicher Angst und Unruhe,
Minuten, die der Frau wie Stunden vorkamen. Immer von neuem schaute sie
aus dem Balkongemach auf den Park, ob der Wagen noch nicht erscheine,
und als er endlich an der Ecke sichtbar ward, rang sich ein
Erloesungsschrei aus ihrer Brust.
Aber seltsam! Waehrend ihre Gedanken sich so mit aller Anspannung auf das
Gegenwaertige richteten, wurden andere Vorstellungen ploetzlich in ihr
lebendig, und das Widersinnige der Situation und der Gegensatz zwischen
einst und jetzt drangen ueberwaeltigend auf sie ein.
Wie waere es, wenn sie sich in den Besitz des Gutes, nicht nur in den
Besitz des Kindes setzte; wenn sie Brecken bei seiner Wiederkehr mit
Gewalt von Holzwerder entfernte; wenn sie seine Klage wegen
Besitzstoerung trotzig abwartete und dem Richter erklaerte, sie habe
gehandelt als natuerlicher Anwalt ihres Enkelkindes? Da der Vater seine
heiligsten Pflichten gegen das Kind ausser acht gelassen, da er zudem ein
Faelscher sei, der sich als solcher in den Besitz des Gutes gesetzt habe,
so beantrage sie die Aberkennung aller Rechte, die er sich angemasst
habe?!
Ja, das konnte gehen! Wie ein flammend aufhellender Blitz zog's durch
das Gehirn der Frau.--Wen hatte sie zu gewinnen, um ihr Vorhaben ins
Werk zu setzen? Die Menschen im Hause und einen als Inspektor
fungierenden Grossknecht, der schon in frueheren Zeiten auf Holzwerder
beschaeftigt gewesen. Und das konnte nicht fehlen! Wenigstens wollte sie
den Versuch machen! Hederich sollte ihr helfen!
Unter solchen Gedanken bestieg sie, nachdem mit Huelfe des Kutschers
alles aufgepackt war, den Wagen und fuhr, den Hauptweg zunaechst
vermeidend, mit dem Kinde in raschem Trabe Klementinenhof zu.
* * * * *
Es war am kommenden Tage bald nach der Tischzeit, als sich Frau von
Tressen zu dem verschobenen Besuch bei Theonie auf den Weg machte.
Der Kleine war inzwischen in Klementinenhof untergebracht, und Herr von
Tressen von allem unterrichtet, ja, sogar schon mit dem Gedanken einer
Besitzergreifung Holzwerders vertraut gemacht. Aber gerade um letztere
zur Ausfuehrung zu bringen, bedurfte es um so mehr der Unterstuetzung von
Freunden. Ob und wie Frau von Tressen den Justizrat zu Rate ziehen
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