solle, darueber war sie noch nicht ganz mit sich einig. Wie konnte er
mehr sagen, als was eigener Menschenverstand ihr klar machte? Er wuerde
das Vorhaben doch vielleicht widerraten, weil's eben eine Gewaltmassregel
war, und Frau von Tressen wollte keine abmahnende Stimme hoeren!
Von dem Warten auf eine guenstige Entwicklung des Prozesses hatte sie
nachgerade genug. Nur in einem Punkte musste sie doch Brix in Anspruch
nehmen: sie war selbst nicht imstande, eine Eingabe an das zustaendige
Gericht aufzusetzen, sie wollte aber auf Grund der Thatsachen sofort mit
Antraegen vorgehen, nicht etwa abwarten, dass Tankred ihr zuvor kam.
Sie hatte die Absicht, zu erklaeren, dass ihr Schwiegersohn das Leben
ihres Enkelkindes in Gefahr gebracht habe, und zur Erhaertung ihrer
Behauptung wollte sie ein aerztliches Gutachten beibringen; ferner auf
Grund der Faelschung ein beschleunigtes Verfahren in dem Sinne
beantragen, dass die Guetergemeinschaft zwischen dem Breckenschen Ehepaar
sofort fuer null und nichtig erklaert, und dementsprechend auch Tankred
jegliches materielle Verfuegungsrecht ueber das Vermoegen entzogen werde.
Ihre Rueckkehr nach Holzwerder endlich wollte sie lediglich als eine
veraenderte Entschliessung hinstellen, zu der sie auf Grund frueherer
Abmachung berechtigt sei.
Hederich war zufolge ihrer Bitte schon am Morgen nach Klementinenhof
gekommen, und er hatte, nachdem sie ihm ihre Absicht kund gethan,
erklaert, dass er mit den massgebenden Personen auf Holzwerder sofort
sprechen wolle. Also auch das war schon eingeleitet.
Frau von Tressen befand sich in einer thatkraeftigen und gehobenen
Stimmung, die durch die Aussicht, ihr Enkelkind fortan bei sich zu
behalten, noch verstaerkt ward.
Als sie vor der Thuer des Herrenhauses in Falsterhof hielt, trat Frege,
der den Wagen hatte ankommen sehen, sogleich heraus und war ihr beim
Aussteigen behuelflich. Wie eben alles auf Falsterhof einen duester
melancholischen Eindruck machte, so auch wieder seine Erscheinung.
Ernst und stumm oeffnete der in tiefe Trauer gekleidete Mann die Thuer zum
Wohnzimmer und erklaerte, dass Frau Cromwell alsbald erscheinen werde.
Frau von Tressen ueberlief ein inneres Froesteln, als sie sich allein
befand. So unheimlich still und lichtlos war's in dem Raum, alles
starrte sie so stumm und doch zugleich so furchterregend an. Das
einzige, die lautlose Ruhe unterbrechende Geraeusch, das Ticken einer
Uhr, klang ihr wie das Pochen eines Totenw
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