welchen der Leichenwagen heranfaehrt, begleiten nur drei
Personen. Sie gehen wortlos hinter dem Gefaehrt her, und jeden leitet auf
diesem Gange ein nicht auf den Verstorbenen gerichteter Beweggrund und
Gedanke.
Es ist die Verehrung fuer die Frau des Toten, das Interesse fuer sein noch
lebendes Kind, was sie nach Elsterhausen gefuehrt hat.
Tankred von Brecken--ueber drei Wochen sind vergangen--war in dem
oeffentlichen Krankenhause, in das er auf Anordnung der Sanitaetspolizei
und der Gerichte gebracht worden, verschieden. Geistige und koerperliche
Qualen, wie sie selten einen Menschen heimsuchen, hatte er erduldet, bis
er seine Seele ausgehaucht. Aber noch Schlimmeres haette ihn erwartet,
wenn es der Pflege gelungen waere, ihn am Leben zu erhalten. Und das
hatte der Mann gewusst in den wenigen lichten Augenblicken seiner
Krankheit, in denen endlich auch das Gewissen mit ganzer, furchtbarer
Gewalt zum Durchbruch gekommen war.
Aber er wusste noch mehr. Er hatte vom Himmel nichts zu erflehen, da er
alles Erbarmen verwirkt, und dennoch richteten sich seine Gedanken
hinauf, und die gefalteten Haende zitterten, und der Mund flehte
stoehnend: "Nimm mich fort, sende mir den Tod. Uebe dein goettliches
Mitleid an der von Dir erschaffenen Kreatur, indem Du ihr das nimmst,
was die anderen als hoechstes Gut erkennen: das Leben----!"
Und das Schicksal hatte ihn nach entsetzlichen Kaempfen erloest; an einem
Hirnschlag, der sein krankhaft vibrierendes Nervengeflecht laehmte, war
er gestorben, und Staatsanwalt, Richter und Henker wurden ihres Opfers
beraubt.--
Der Leichenzug war oben angelangt; die Traeger hoben den Sarg, auf den
niemand eine Blume oder gar einen Kranz niedergelegt hatte, vom Wagen
und schritten an die Gruft, an welcher der Kuester mit seinen Gehuelfen
harrte. Es ward nicht gesprochen, alles vollzog sich stumm und tonlos.
Nur als der Sarg eingesenkt wurde, entstand durch das Hinabrollen
einiger klebriger Erdstuecke ein Geraeusch. Sie fielen dumpftoenend auf den
Deckel, aber sie stoerten den Schlaefer nicht mehr--
"Wir wollen ein Vaterunser beten," hub Hoeppner an. Aber er sprach noch
anderes. Seine verzeihende Seele draengte nach einem Wort: "Richtet
nicht, auf dass Ihr nicht gerichtet werdet! Die Fehler und Vergehen des
Ungluecklichen, Verirrten, den wir eben in die Erde gebettet haben, waren
das Ergebnis einer verkehrten Erziehung; er hatte durch Naturveranlagung
einen schwereren Kampf mit sich zu besteh
|