bewahren kann.
Die eine betrifft das Trauerspiel ueberhaupt. Wenn heldenmuetige
Gesinnungen Bewunderung erregen sollen: so muss der Dichter nicht zu
verschwenderisch damit umgehen; denn was man oefters, was man an mehrern
sieht, hoeret man auf zu bewundern. Hierwider hatte sich Cronegk schon in
seinem "Kodrus" sehr versuendiget. Die Liebe des Vaterlandes, bis zum
freiwilligen Tode fuer dasselbe, haette den Kodrus allein auszeichnen
sollen: er haette als ein einzelnes Wesen einer ganz besondern Art
dastehen muessen, um den Eindruck zu machen, welchen der Dichter mit ihm
im Sinne hatte. Aber Elesinde und Philaide, und Medon, und wer nicht?
sind alle gleich bereit, ihr Leben dem Vaterlande aufzuopfern; unsere
Bewunderung wird geteilt, und Kodrus verlieret sich unter der Menge. So
auch hier. Was in "Olint und Sophronia" Christ ist, das alles haelt
gemartert werden und sterben fuer ein Glas Wasser trinken. Wir hoeren diese
frommen Bravaden so oft, aus so verschiedenem Munde, dass sie alle Wirkung
verlieren.
Die zweite Anmerkung betrifft das christliche Trauerspiel insbesondere.
Die Helden desselben sind mehrenteils Maertyrer. Nun leben wir zu einer
Zeit, in welcher die Stimme der gesunden Vernunft zu laut erschallet, als
dass jeder Rasender, der sich mutwillig, ohne alle Not, mit Verachtung
aller seiner buergerlichen Obliegenheiten in den Tod stuerzet, den Titel
eines Maertyrers sich anmassen duerfte. Wir wissen itzt zu wohl die falschen
Maertyrer von den wahren zu unterscheiden; wir verachten jene ebensosehr,
als wir diese verehren, und hoechstens koennen sie uns eine melancholische
Traene ueber die Blindheit und den Unsinn auspressen, deren wir die
Menschheit ueberhaupt in ihnen faehig erblicken. Doch diese Traene ist keine
von den angenehmen, die das Trauerspiel erregen will. Wenn daher der
Dichter einen Maertyrer zu seinem Helden waehlet: dass er ihm ja die
lautersten und triftigsten Bewegungsgruende gebe! dass er ihn ja in die
unumgaengliche Notwendigkeit setze, den Schritt zu tun, durch den er sich
der Gefahr blossstellet! dass er ihn ja den Tod nicht freventlich suchen,
nicht hoehnisch ertrotzen lasse! Sonst wird uns sein frommer Held zum
Abscheu, und die Religion selbst, die er ehren wollte, kann darunter
leiden. Ich habe schon beruehret, dass es nur ein ebenso nichtswuerdiger
Aberglaube sein konnte, als wir in dem Zauberer Ismen verachten, welcher
den Olint antrieb, das Bild aus der Moschee wieder zu entwenden. Es
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