nn, der es
eilig hatte, und doch musste er sich darein finden. Er that es auch ruhig,
da er nicht unnoethig zu aussergewoehnlichen Mitteln greifen wollte.
Uebrigens haette ihn unter den gegebenen Umstaenden auch kein Teleg oder
Tarantass, keine Berline oder Postchaise und kein Reitpferd schneller nach
Perm oder Kasan befoerdert. Immer blieb es das Beste, die Abfahrt des
Steamers zu erwarten - jenes Befoerderungsmittels, das ihn schneller als
jedes andere vorwaerts schaffen und die hier verlorene Zeit reichlich
wieder einbringen musste.
Michael Strogoff schlenderte also durch die Stadt und suchte dabei ohne
Uebereilung ein Unterkommen, in dem er die Nacht zubringen koennte. Der
letztere Zweck lag ihm zwar gar nicht sonderlich am Herzen, und ohne das
Gefuehl des Hungers, das sich ihm etwas aufdringlich fuehlbar machte, haette
er die Strassen Nishny-Nowgorods wohl auch die ganze Nacht ueber durchirrt.
Es geluestete ihn also weit mehr nach einem tuechtigen Abendimbiss, als nach
einem Bette. Beides fand er noch unter dem Schilde der "Stadt
Konstantinopel".
Hier konnte ihm der Wirth noch ein mittelmaessiges Zimmerchen ablassen, das
zwar nur ein duerftiges Mobiliar enthielt, dem aber der gebraeuchliche
Wandschmuck, ein Bild der Jungfrau Maria und mehrere Heiligenbilder in
Goldrahmen, nicht abging. Entenbraten mit einer Farce von saeuerlichem
Fleisch und rahmartig dicker Sauce, Gerstenbrod, saure Milch, klarer
Zucker mit Zimmet, ein Krug "Kwass", d. i. eine in Russland sehr verbreitete
Art Bier, wurde ihm bald aufgetragen, und er brauchte gar nicht so viel,
seinen Hunger zu stillen. Jedenfalls ass er sich aber satt, und das auch
besser, als sein Tischnachbar, ein orthodoxer "Altglaeubiger" von der Secte
der Raskolniks, der bei seinem Geluebde der Enthaltung gewisser Speisen die
Kartoffeln von sich wies und sich weislich huetete, seinen Thee zu
versuessen.
Nach beendigter Mahlzeit nahm Michael Strogoff, statt sich nach seinem
Zimmer zu begeben, ganz maschinenmaessig die unterbrochene Promenade durch
die Stadt wieder auf. Trotz der noch andauernden langen Daemmerung
lichteten sich doch schon die Mengen, die Strassen wurden allmaelig oeder und
Jedermann suchte sein Lager.
Warum Michael Strogoff sich nicht gemaechlich in's Bett begab, wie man es
nach einem auf der Eisenbahn hingebrachten Tage wohl erwarten sollte?
Dachte er vielleicht noch an die junge Lieflaenderin, seine Reisegenossin
waehrend einiger fluechtiger Stunde
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