elche die ganze Nacht anhielt. Der
Sonnenuntergang bot ein Schauspiel von seltener Pracht. Der dicke
Wolkenschleier zerriss dicht am Horizont wie zu Fetzen, und die Sonne
erschien 12 Grad hoch auf indigoblauem Grunde. Ihre Scheibe war ungemein
stark in die Breite gezogen, verschoben und am Rande ausgeschweift. Die
Wolken waren vergoldet und Strahlenbuendel in den schoensten
Regenbogenfarben liefen bis zur Mitte des Himmels auseinander. Aus dem
grossen Platze war viel Volk versammelt. Letztere Erscheinung, das
Erdbeben, der Donnerschlag waehrend desselben, der rothe Nebel seit so
vielen Tagen, Alles wurde der Sonnenfinsterniss zugeschrieben.
Gegen neun Uhr Abends erfolgte ein dritter Erdstoss, weit schwaecher als die
ersten, aber begleitet von einem deutlich vernehmbaren unterirdischen
Geraeusch. Der Barometer stand ein klein wenig tiefer als gewoehnlich, aber
der Gang der stuendlichen Schwankungen oder der kleinen atmosphaerischen H
Ebbe und Fluth wurde durchaus nicht unterbrochen. Das Quecksilber stand im
Moment, wo der Erdstoss eintrat, eben auf dem Minimum der Hoehe; es stieg
wieder bis elf Uhr Abends und fiel dann wieder bis vier ein halb Uhr
Morgens, vollkommen entsprechend dem Gesetze der barometrischen
Schwankungen. In der Nacht vom 3. zum 4. November war der roethlichte Nebel
so dick, dass ich den Ort, wo der Mond stand, nur an einem schoenen Hof von
12 Grad Durchmesser erkennen konnte.
Es waren kaum zweiundzwanzig Monate verflossen, seit die Stadt Cumana
durch ein Erdbeben fast gaenzlich zerstoert worden. Das Volk sieht die
Nebel, welche den Horizont umziehen, und das Ausbleiben des Seewindes bei
Nacht fuer sichere schlimme Vorzeichen an. Wir erhielten viele Besuche, die
sich erkundigten, ob unsere Instrumente nene Stoesse fuer den andern Tag
anzeigten. Besonders gross und allgemein wurde die Unruhe, als am
5. November, zur selben Stunde wie Tags zuvor, ein heftiger Sturm eintrat,
dem ein Donnerschlag und ein paar Tropfen Regen folgten; aber es liess sich
kein Stoss spueren. Sturm und Gewitter kamen fuenf oder sechs Tage zur selben
Stunde, ja fast zur selben Minute wieder. Schon seit langer Zeit haben die
Einwohner von Cumana und so vieler Orte unter den Tropen die Beobachtung
gemacht, dass scheinbar ganz zufaellige atmosphaerische Veraenderungen
wochenlang mit erstaunlicher Regelmaessigkeit nach einem gewissen Typus
eintreten. Dieselbe Erscheinung kommt Sommers auch im gemaessigten Erdstrich
vor und ist dem
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