rogoff ahnte also auch, dass man Alles daran
setzen werde, sich seiner Person zu bemaechtigen.
Was er aber nicht wusste, was er nicht wissen konnte, war, dass Marfa
Strogoff sich in Iwan Ogareff's Gewalt befand, dass sie buessen, vielleicht
mit ihrem Leben bezahlen sollte fuer die Erregung ihres Mutterherzens, die
sie bei dem unerwarteten Anblick ihres Sohnes nicht zu unterdruecken im
Stande gewesen war. Ein Glueck fuer ihn, dass er davon nichts wusste! Haette er
dieser neuen Pruefung widerstehen koennen?
Michael Strogoff trieb sein Ross an, er floesste ihm gleichsam dieselbe
fieberhafte Ungeduld ein, die ihn verzehrte; er verlangte nur das Eine von
dem Thiere, ihn so schnell als moeglich nach dem naechsten Relais zu tragen,
wo er es gegen ein noch schnelleres Befoerderungsmittel einzutauschen
hoffte.
Um Mitternacht hatte er siebzig Werst zurueckgelegt und machte bei der
Station Kulikowo Halt. Doch auch hier fand er, eine Bestaetigung seiner
Besorgniss, weder Pferde noch Wagen. Einzelne Abtheilungen Tartaren waren
schon auf der Hauptstrasse durch die Steppe dahin gezogen. In den Doerfern
und den Postrelais hatte man Alles requirirt oder geradezu gestohlen.
Michael Strogoff konnte kaum einige Nahrung fuer sich und etwas Futter fuer
sein Pferd erhalten.
Er musste dieses Pferd, fuer das sich kein Ersatz mehr zu bieten schien,
etwas schonender behandeln. Da er aber zwischen sich und den ihm von Iwan
Ogareff jedenfalls nachgesendeten Reitern den groesstmoeglichen Zwischenraum
sehen wollte, beschloss er, moeglichst schnell weiter zu eilen. Nach einer
nur einstuendigen Ruhe schlug er also den Weg durch die Steppe schon wieder
ein.
Bisher hatten die Witterungsverhaeltnisse die Reise des Czaarencouriers
auffallend beguenstigt. Die Lufttemperatur hielt sich in ertraeglichen
Grenzen. Die zu dieser Jahreszeit kurze, aber von den durch einen leichten
Wolkenschleier dringenden Mondstrahlen mit einem angenehmen Daemmerlichte
gemilderte Nacht machte die Strasse leidlich gangbar. Michael Strogoff zog
uebrigens, als ein seines Weges kundiger Mann, sicher, ohne Zweifel, ohne
Zoegern dahin. Trotz der schmerzlichen Gedanken, die ihn hartnaeckig
verfolgten, hatte er sich doch eine ausserordentliche Klarheit des Geistes
bewahrt und steuerte auf sein Ziel zu, als ob dieses Ziel schon am
Horizonte sichtbar sei. Hielt er, vielleicht bei einer Biegung des Weges,
einen Augenblick an, so geschah es, um sein Pferd etwas Athem schoepfen zu
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