frei von Schuld,
Ermahnte sanft ihn zur Geduld
Und gab ihr Wort, sie werde morgen
Von neuem hingehn.--Welche Qual!
Der arme Junge sass auf Kohlen.
Denn fruchtlos musste siebenmal
Sie den Versuch noch wiederholen,
Stets mit dem naemlichen Verlauf:
Sie kam und sah den Sultan thronen,
Recht sprechen, warnen und belohnen,
Und immer wieder brach er auf,
Bevor an ihr die Reihe war.
So haette dort wohl unabwendlich
Sie Tag fuer Tag ein volles Jahr
Gewartet, waere sie nicht endlich
Dem Blick des Herrschers aufgefallen,
Weil ohne Bittschrift in der Hand
Sie stets als hinterste von allen
Dem Thron grad gegenueberstand.
Drum, als der Diwan war beendet
Am siebten Tag und er sich eben
In sein Gemach zurueckbegeben,
Sprach er zum Grossvezier gewendet:
"Geraume Zeit bemerk' ich schon,
Wie taeglich, wenn ich Sitzung halte,
Sich gegenueber meinem Thron
Erwartend aufstellt eine Alte.
Sie traegt was in ein Tuch geschlagen
Und steht so bis zum Schlusse still.
Kannst du mir kuenden, was sie will?"
"Vermutlich will sie sich beklagen,"
Erwiderte der Grossvezier.
"Du weisst ja, Herr, wie haeufig Frauen
Ein unbedeutend Leid vor dir
Mit grossem Wortschwall wiederkauen.
Vielleicht hat man zu wenig Mehl
Ihr auf dem Markte zugewogen,
Vielleicht beim Wechseln sie betrogen."
Der Sultan gab ihm drauf Befehl,
Sie naechstesmal ihm vorzufuehren.
Und richtig, tags darauf, sofort
Nachdem man aufgetan die Tueren,
Stand sie beharrlich wieder dort.
Der Sultan winkte vor Beginn
Der Sitzung, als er sie erblickte,
Dem Grossvezier, und dieser nickte
Zum Obersten der Wache hin.
Der gab der Mutter flugs ein Zeichen,
Mit ihm zu gehn, gebot sodann
Den Vorderen, vor ihr zu weichen,
Und brachte sie zum Thron heran.
Dort warf sie sich--weil dies gebuehrend
Ihr schien nach allgemeinem Brauch--
Vorm Sultan nieder auf den Bauch,
Den Boden mit der Stirn beruehrend.
Doch er befahl ihr aufzustehn
Und sagte: "Gute Frau, tagtaeglich
Hab' ich seither dich unbeweglich
Dort nah dem Eingang harren sehn.
Was ist es, sprich, das du begehrst?"
Sie warf sich nochmals nieder erst
Und hauchte, vor Erregung heiser:
"Bevor, erhabner Herr und Kaiser,
Den Anlass du von mir erfaehrt,
Der mich bewog zu diesem Schritte,
Vernimm die demutsvolle Bitte,
Dass mein unglaubliches Verlangen
Du gnaedig im voraus verzeihst;
Denn ich vergehe fast vor Bangen.
Erscheint ja doch mein Unterfangen
Sogar mir selber allzu dreist."
Der Sultan, um ihr Mut zu machen,
Lie
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