Zartheit? Jetzt oder nie ist
der Augenblick, den Woelsungen endlich die erste Stelle im Volk zu
schaffen, die ihnen gebuehrt und von der Amaler und Balten sie seit
Jahrhunderten ausgeschlossen. Wird die letzte Amalungentochter dein Weib,
kann niemand dir die Krone bestreiten: und mein Schwert soll sie schon
schuetzen auf deinem Haupt gegen diesen Bauernkoenig Witichis.
Aber nicht zu lange mehr darf's waehren. Ich habe noch keine Nachricht von
Ravenna: doch ich fuerchte, die Stadt wird nur Mataswintha, nicht uns,
zufallen, das heisst, nicht uns allein; wer sie hat, hat aber Italien,
nachdem Neapolis und Rom verloren: die maechtige Festung muessen _wir_
haben. Deshalb muss sie dein Weib sein, eh' wir vor die Rabenmauern ziehen:
sonst wird ruchbar, dass sie mehr unsre Gefangene als unsre Koenigin."
"Wer wuenscht das mehr, heisser als ich? aber ich kann sie doch nicht
zwingen?" - "Nicht? warum nicht? Suche sie auf und gewinne sie im guten
oder boesen. Ich gehe, die Wachen auf den Waellen zu verstaerken. Bis ich
zurueck bin, will ich Antwort!"
Herzog Guntharis ging: und seufzend machte sich sein Bruder nach dem
Garten auf, Mataswintha zu suchen.
Der Garten war von einem kunstverstaendigen Freigelassenen aus Kleinasien
angelegt. Er hatte im Hintergrund einen waldaehnlichen Abschluss, der, frei
von Beeten und Terrassen, das wunderbar reiche Wiesengruen noch erhalten
hatte. Diese blumigen Wiesenufer und dichte Oleanderbuesche durchrieselte
ein klarer Bach, mit anmutigem Gewoge.
Dicht an dem Rande des Baches, im weichen Grase hingegossen, lag eine
jugendliche Frauengestalt. Sie hatte von dem rechten Arm das Gewand
zurueckgeschlagen und schien bald mit den murmelnden Wellen, bald mit den
nickenden Blumen am Rande zu spielen. Sinnend sah sie vor sich hin und
warf wie traeumend hier und da ein Veilchen oder einen Krokus in die
Wellen, mit leise geoeffneten Lippen der Bluete nachsehend, die rasch die
klaren Wellen entfuehrten.
Dicht hinter ihren Schultern kniete ein junges Maedchen in maurischer
Sklaventracht, eifrig beschaeftigt, einen Kranz fertig zu flechten, an
welchem nur die letzten Verbindungen fehlten: sorgsam spaehte die
anmutfeine Kleine manchmal, ob die Traeumende ihre heimliche Arbeit nicht
gewahre.
Aber diese schien ganz in ihre Phantasien verloren.
Endlich war der zierliche Kranz vollendet: mit lachenden Augen drueckte sie
ihn auf das prachtvolle feuerfarbne Haar der Herrin und bog sich um ihre
Schult
|