in heissem
Gebet bald sich selbst und die Stadt und die Welt: sie war bei ihm und bei
Gott. -
Inzwischen verlief die letzte Stunde der Waffenruhe; schon neigte sich die
Sonne dem Meeresspiegel zu. Die Goten flickten und stopften nach Kraeften
die zertruemmerten Mauerstellen, raeumten den Schutt und die Toten aus dem
Wege und loeschten die Braende. Da lief die Sanduhr zum drittenmal ab,
waehrend Belisar vor seinem Zelte seine Heerfuehrer versammelt hielt, des
Zeichens der Uebergabe auf dem Kastell des Tiberius harrend. "Ich glaub' es
nicht!" fluesterte Johannes zu Prokop. "Wer solche Streiche thut, wie ich
von jenem Alten gesehen, giebt die Waffen nicht ab. Es ist auch besser so:
da giebt's einen tuechtigen Sturm und dann eine tuechtige Pluenderung."
Und auf der Zinne des Kastells erschien Graf Uliaris und schleuderte
trotzig seinen Speer unter die harrenden Vorposten.
Belisar sprang auf. "Sie wollen ihr Verderben, die Trotzigen; wohlan, sie
sollen's haben. Auf, meine Feldherrn, zum Sturm. Wer mir zuerst unsre
Fahne auf den Wall pflanzt, dem geb' ich ein Zehntel der Beute."
Nach allen Seiten eilten die Anfuehrer auseinander: Ehrgeiz und Habsucht
spornten sie. Eben bog Johannes um die zerstoerten Bogen des Aquaedukts,
welchen Belisar durchbrochen, den Belagerten das Wasser zu entziehen, da
rief ihn eine leise Stimme.
Schon daemmerte es so stark, dass er nur mit Muehe den Rufenden erkannte.
"Was willst du, Jude?" rief Johannes eilig. - "Ich habe keine Zeit! Es
gilt harte Arbeit! Ich muss der erste sein in der Stadt."
"Das sollt ihr, Herr, ohne Arbeit, wenn ihr mir folgt."
"Dir folgen? weisst du einen Weg ueber die Mauer durch die Luft?"
"Nein! Aber unter der Mauer, durch die Erde. Und ich will ihn euch zeigen,
wenn ihr mir tausend Solidi schenkt und ein Maedchen zur Beute zusprecht,
das ich fordre."
Johannes blieb stehen: "Was du willst, sei dein. Wo ist der Weg?" -
"Hier!" sagte Jochem und schlug mit der Hand auf die Steine. - "Wie? die
Wasserleitung? woher weisst du?" - "Ich habe sie gebaut. Ein Mann kann,
gebueckt, durchschleichen; es ist kein Wasser mehr drin. Eben komme ich auf
diesem Wege aus der Stadt. Die Leitung muendet in einem alten Tempelhaus an
der Porta Capuana; nimm dreissig Mann und folge mir."
Johannes sah ihn scharf an. "Und wenn du mich verraetst?"
"Ich will zwischen euren Schwertern gehen. Luege ich, so stosst mich
nieder." - "Warte!" rief Johannes und eilte hinweg.
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