n mir gegangen: zeig ihn mir
wieder, wie ich ihn diese Nacht gesehen, aufsteigend aus den Wurzeln des
Baumes."
Und sie wandte sich nach der Hoehlung. "O! dunkler Gang, darin mein Glueck
verschwunden, gieb mir's wieder heraus! Gott, fuehr' ihn mir zurueck auf
diesem Wege." Sie stand mit gefalteten Haenden gerade vor der Hoehlung, die
Augen fromm gen Himmel gewendet.
Johannes stutzte. "Sie betet!" sagte er, "soll ich sie im Gebet
erschlagen?" - Er hielt inne; er hoffte, sie solle aufhoeren und sich
wenden. "Das dauert zu lange: ich kann unserm Herrgott nicht helfen!" Und
rasch hob er sich aus den Wurzeln heraus. Da schaute die Betende mit den
halberblindeten Augen nieder; sie sah aus der Erde steigen eine
schimmernde Mannesgestalt.
Ein Strahl der Verklaerung spielte um ihre Zuege. Selig breitete sie die
Arme aus. "Jucundus!" rief sie.
Es war ihr letzter Hauch. Schon traf sie des Byzantiners Schwert ins Herz.
Ohne Weheruf, ein Laecheln auf den Lippen, sank sie auf die Blumen: -
Miriams Blumen.
Johannes aber wandte sich und half rasch seinem Bruder Perseus, dann dem
Juden und den ersten dreien seiner Krieger herauf. "Wo ist das Pfoertchen?"
- "Hier links, ich gehe zu oeffnen!" Perseus wies die Krieger an. - "Wo ist
die Treppe zum Turm!" - "Hier rechts," sprach Jochem - es war die Treppe,
die zu Miriams Gemach fuehrte, wie oft war Totila hier hereingeschluepft! -
"still! der Alte laesst sich hoeren."
Wirklich, Isak war es. Er hatte von oben Geraeusch vernommen: er trat mit
Fackel und Speer an die Treppe: "Wer ist da unten? bist du's, Miriam, wer
kommt?" fragte er.
"Ich, Vater Isak," antwortete Jochem, "ich wollte euch nochmal fragen ..."
- und er stieg katzenleise eine Stufe hoeher. Aber Isak hoerte Waffen
klirren.
"Wer ist bei dir?" rief er und trat vorleuchtend um die Ecke. Da sah er
die Bewaffneten hinter Jochem kauern. "Verrat, Verrat!" schrie er, "stirb,
Schandfleck der Hebraeer!" Und wuetend stiess er Jochem, der nicht zurueck
konnte, die breite Partisane in die Brust, dass dieser ruecklings
hinabstuerzte. "Verrat!" schrie er noch einmal.
Aber gleich darauf hieb ihn Johannes nieder, sprang ueber die Leiche
hinweg, eilte auf die Zinne des Turmes und entfaltete die Fahne von
Byzanz. Da krachten unten Beilschlaege: das Pfoertchen fiel, von innen
eingeschlagen, hinaus und mit gellendem Jauchzen jagten - schon war es
ganz dunkel geworden - die Hunnen zu Tausenden in die Stadt.
Da war alles aus.
E
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