uf seinen starken Armen davongetragen in das nahe Gaertchen, hatte
die Steinplatte von dem kaum geschlossenen Grabe gewaelzt und die Tochter
sorglich an des Vaters Seite gelegt: dann hatte er sie still betrachtet.
Aus der Ferne scholl das Getoese der gepluenderten Stadt, in der die
Massageten Belisars, trotz seines Verbots, brannten und mordeten und sogar
die Kirchen nicht verschonten, bis der Feldherr selbst, mit dem Schwert
unter sie fahrend, Einhalt schuf. -
Es lag ein edler Schimmer auf ihrem Antlitz, dass er nicht wagte, wie er so
gern gewollt, sie zu kuessen. So legte er denn ihr Gesicht gegen Osten und
brach eine Rose, die neben dem Grabe bluehte, und legte sie ihr auf die
Brust. Dann wollte er fort, seinen Teil an der Pluenderung zu nehmen. Aber
es liess ihn nicht fort: er wandte sich wieder um. Und er hielt die Nacht
ueber, an seinen Speer gelehnt, Totenwacht am Grabe des schoenen Maedchens.
Er sah auf zu den Sternen und betete einen uralten heidnischen Totensegen,
den ihn die Mutter daheim an der Liusacha gelehrt. Aber es war ihm nicht
genug: andaechtig betete er noch dazu ein christlich Vaterunser. Und als
die Sonne emporstieg, schob er sorgfaeltig den Stein ueber das Grab und
ging.
So war Miriam spurlos verschwunden.
Aber das Volk in Neapolis, das im stillen warm an Totila hing, erzaehlte,
schoenheitstrahlend sei sein Schutzengel herabgestiegen, ihn zu retten, und
wieder aufgefahren gen Himmel.
Sechstes Kapitel.
Der Fall von Neapolis war erfolgt wenige Tage nach der Versammlung zu
Regeta.
Und Totila stiess schon bei Formiae auf seinen Bruder Hildebad, den Koenig
Witichis mit einigen Tausendschaften schleunig abgesandt hatte, die
Besatzung der Stadt zu verstaerken, bis er selbst mit einem groesseren Heere
zum Entsatz herbeieilen koenne. Wie jetzt die Dinge standen, konnten die
Brueder nichts andres thun, als sich auf die Hauptmacht, nach Regeta,
zurueckziehen, wo Totila seinen traurigen Bericht von den letzten Stunden
von Neapolis erstattete. Der Verlust der dritten Stadt des Reiches, des
dritten Hauptbollwerks Italiens, musste den ganzen Kriegsplan der Goten
veraendern.
Witichis hatte die zu Regeta versammelten Scharen gemustert: es waren
gegen zwanzigtausend Mann. Diese, mit der kleinen Schar, die Graf Teja
eigenmaechtig zurueckgefuehrt, waren im Augenblick die ganze verfuegbare
Macht: bis die starken Heere, die Theodahad weit weg nach Suedgallien und
N
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