die in den Plan nicht eingeweihten Goten am
meisten wunderte, war, dass nach wie vor die blaue gotische Fahne auf den
Zinnen des Palastes wehte. Freilich stand ein Lanzentraeger Belisars dort
oben bei ihr Wache. Denn auch der Palast war schon voll von Byzantinern.
Gegen einen etwaigen Versuch des Praefekten, sich wie in Rom durch
Besetzung der wichtigsten Punkte zum Herrn der Stadt zu machen, hatte
Belisar vorsichtige Massregeln getroffen. Cethegus durchschaute sie und
laechelte. Er that nichts dagegen.
Am Morgen des zum Einzug bestimmten Tags trat Cethegus in glaenzender
Ruestung in das Zelt Belisars.
Er traf nur Prokop. "Seid ihr bereit?" fragte er. "Vollstaendig." -
"Welches ist der Moment?" - "Der Augenblick, in dem der Koenig im Schlosshof
zu Pferde steigt, uns entgegenzureiten. Wir haben alles bedacht."
"Wieder einmal alles?" laechelte der Praefekt. "Eins habt ihr mir doch noch
uebrig gelassen. Es wird nicht ausbleiben, dass die Barbaren, sowie unser
Plan gelungen und bekannt ist, im ganzen Land in heller Wut auflodern
werden. Mitleid und Rachedurst fuer ihren Koenig koennten sie zu sehr wilden
Thaten fuehren.
Die ganze Begeisterung fuer Witichis und die Entruestung gegen uns wuerde nun
im Keim erstickt, und die Goten saehen sich nicht von uns, sondern von
ihrem Koenig verraten, wenn dieser selbst schriftlich bezeugen wuerde, er
habe die Stadt nicht an Belisar als Gotenkoenig und Rebellen gegen
Justinian, sondern einfach an den Feldherrn Justinians uebergeben. Jene
Empoerung Belisars, die ja auch wirklich ausbleibt, erscheint dann den
Goten als eine blosse von ihrem Koenig ersonnene Luege, die Schande der
Ergebung ihnen zu verhuellen."
"Das waere vortrefflich; aber Witichis wird das nicht thun."
"Wissentlich schwerlich. Aber vielleicht unwissentlich. Ihr habt ihn den
Vertrag doch nur im Original unterschreiben lassen?"
"Er hat nur einmal unterschrieben."
"Diese Urkunde ist in seinem Besitz? Gut, ich werde ihn hier dies von mir
aufgesetzte Duplikat unterzeichnen lassen, auf dass auch Belisar," laechelte
er, "das wertvolle Schriftstueck besitze."
Prokop blickte hinein. - "Wenn er das unterzeichnet, hebt sich freilich
kein gotisch Schwert mehr fuer ihn. Aber -"
"Lass die Aber mich besiegen. Entweder unterschreibt er heute freiwillig,
im Drang des Augenblicks, ohne zu lesen" -
"Oder?"
"Oder," vollendete Cethegus finster, "er unterschreibt spaeter.
Unfreiwillig. - - Ich eile voraus. Entschu
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