des Mehr und Weniger bei Quantitaeten der Entfernungen, Hoehen, Neigungen,
und so werden auch manche abstractere Raumanschauungen dem Menschen in
seinen ersten Entwicklungsperioden eigen geworden sein, Anschauungen,
welche durch die Moeglichkeit und auf Grund der sprachlichen Bezeichnung
jene Stabilitaet erhielten, die sie befaehigte, als erste Fundamente der
geometrischen Kenntnisse zunaechst, und der Geometrie als Wissenschaft
spaeter aufzutreten.
Geometrisches Denken entstand zu den verschiedensten Zeiten, an den
verschiedensten Orten. Denn ueberall, wo der menschliche Geist sich zu
entwickeln begann, und das menschliche Denken jene Hoehe erreichte, auf
welcher Abstractionen entstehen, bildeten sich die grundlegenden
Raumbegriffe; der des Punktes, der geraden und krummen Linien, der ebenen
und krummen Flaechen. Denn ueberall in der Natur boten sich dem erwachenden
Menschen Repraesentanten dieser Begriffe in groesserer oder geringerer
Genauigkeit dar. Waehrend der Anblick der auf- und untergehenden Sonne,
sowie des vollen Mondes in suedlichen Gegenden fast taeglich das Bild der
"vollkommensten", der "schoensten" Linie, der Kreislinie vorfuehrte,
stellten sich die zahllosen Sterne des Abends dem Auge als glaenzende
Punkte dar, welche in ihren mannigfaltigen gegenseitigen
Lagenverhaeltnissen die Phantasie des Menschen bei der, von ihm beliebten
Eintheilung des Himmels in Sternbilder zur Herstellung so mancher geraden
und krummen Linien verleiten mochten. Und selbst in seiner naechsten
Umgebung fand der beobachtende Mensch geometrische Anklaenge; das Gewebe
der Spinne mit seinen kreisrunden und radialen Faeden, die sechseckige
Bienenzelle, die beim Fallen eines Koerpers in ruhendes Wasser entstehenden
concentrischen Wellenringe, und wie vieles Andere musste, wenn auch nach
und nach, so doch mit zwingender Nothwendigkeit den Menschen zur
Beobachtung gesetzmaessiger geometrischer Formen fuehren.
Als Mutterland der Mathematik im Allgemeinen, und der Geometrie im
Besonderen wird Aegypten angefuehrt; doch ist die Zeit laengst vorbei, wo
man sich Aegypten als einzigen Ursprungsort dieser Wissenschaften dachte,
vielmehr muss als feststehend angenommen werden, dass jedes Volk in seinem
Entwicklungsgange geometrische Anschauungen sich anzueignen schon durch
praktische Beduerfnisse gezwungen war. Die Hoehe, zu welcher sich die
einzelnen Voelker in ihren mathematischen Speculationen emporzuschwingen
vermochten, hing von der Richt
|