Wissens offenbarten; wer koennte jedoch
bemessen, in welchem Verhaeltnisse dieser Theil zu ihrem Gesammtwissen
stand? Der Ansicht *Montucla*'s kann man entgegensetzen, dass die Aegypter
den Fremden nur einen kleinen Bruchtheil ihres sorgsam im Verborgenen
gehueteten Wissens preisgegeben haben mochten, wobei ferner nicht
unberuecksichtigt bleiben darf, dass den nach Aegypten gekommenen Griechen
auch die Unkenntniss der Sprache und der Schrift weitere, nicht zu
unterschaetzende Schwierigkeiten bereitete, in dem Maasse als vielleicht
Manches, was ihnen die aegyptischen Priester von aegyptischem Wissen zur
Verfuegung stellten, unverstanden bleiben konnte.
Was nun das Wesen aegyptischer Geometrie betrifft, so finden wir in den
Berichten der Alten fast gar keine Anhaltspunkte, um uns hierueber Klarheit
verschaffen zu koennen, und war man bis vor Kurzem darauf hingewiesen, aus
den Anfaengen griechischer Mathematik auf den Stand der aegyptischen
zurueckzuschliessen, was, wie aus dem Vorhergesagten folgen duerfte, mit
nicht geringen Schwierigkeiten verbunden erscheint.
Die Ansicht, dass die Geometrie der Aegypter eigentlich nur constructiver
Natur war, aehnlich dem was wir als Reisskunst zu bezeichnen pflegen,(21)
duerfte sich nicht als stichhaeltig erweisen; es moege jedoch gleich jetzt
darauf hingedeutet werden, dass die Aegypter im Construiren geometrischer
Formen nicht unbewandert sein konnten.
So sagt in etwas prahlerischer Weise *Demokritos* von *Abdera*(22) um 420
v. Chr. G.: "Im Construiren von Linien nach Maassgabe der aus den
Voraussetzungen zu ziehenden Schluesse hat mich keiner je uebertroffen,
selbst nicht die sogenannten Harpedonapten der Aegypter"; und *Theon* von
*Smyrna*(23) erzaehlt, dass "Babylonier, Chaldaeer und Aegypter eifrig nach
allerhand Grundgesetzen und Hypothesen suchten, durch welche den
Erscheinungen genuegt werden koennte; zu erreichen suchten sie dies dadurch,
dass sie das frueher Gefundene in Ueberlegung zogen, und ueber die
zukuenftigen Erscheinungen Vermuthungen aufstellten, wobei die Einen sich
arithmetischer Methoden bedienten, wie die Chaldaeer, die Anderen
construirender wie die Aegypter".
Aus diesen und aehnlichen Berichten, sowie aus dem Umstande, dass die
Anfaenge der griechischen Geometrie selbst hauptsaechlich constructiver
Natur waren, muss man zu dem Schlusse kommen, dass die alten Aegypter seit
unvordenklichen Zeiten die Reisskunst pflegten, und in der langen Reihe
der Jahrh
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