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Leonore.
Du hast um fremde Menschen dich so lang
Bemueht und dich nach ihrem Sinn gerichtet:
Nun, da du deine Freunde wieder siehst,
Verkennst du sie, und rechtest wie mit Fremden.
Antonio.
Da liegt, geliebte Freundin, die Gefahr!
Mit fremden Menschen nimmt man sich zusammen,
Da merkt man auf, da sucht man seinen Zweck
In ihrer Gunst, damit sie nutzen sollen;
Allein bei Freunden laesst man frei sich gehen:
Man ruht in ihrer Liebe, man erlaubt
Sich eine Laune, ungezaehmter wirkt
Die Leidenschaft, und so verletzen wir
Am ersten die, die wir am zaert'sten lieben.
Leonore.
In dieser ruhigen Betrachtung find' ich dich
Schon ganz, mein teurer Freund, mit Freuden wieder.
Antonio.
Ja, mich verdriesst--und ich bekenn' es gern--
Dass ich mich heut so ohne Mass verlor.
Allein gestehe, wenn ein wackrer Mann
Mit heisser Stirn von saurer Arbeit kommt
Und spaet am Abend in ersehnten Schatten
Zu neuer Muehe auszuruhen denkt
Und findet dann von einem Muessiggaenger
Den Schatten breit besessen, soll er nicht
Auch etwas Menschlichs in dem Busen fuehlen?
Leonore.
Wenn er recht menschlich ist, so wird er auch
Den Schatten gern mit einem Manne teilen,
Der ihm die Ruhe suess, die Arbeit leicht
Durch ein Gespraech, durch holde Toene macht.
Der Baum ist breit, mein Freund, der Schatten gibt,
Und keiner braucht den andern zu verdraengen.
Antonio.
Wir wollen uns, Eleonore, nicht
Mit einem Gleichnis hin und wider spielen.
Gar viele Dinge sind in dieser Welt,
Die man dem andern goennt und gerne teilt;
Jedoch es ist ein Schatz, den man allein
Dem Hochverdienten gerne goennen mag,
Ein andrer, den man mit dem Hoechstverdienten
Mit gutem Willen niemals teilen wird--
Und fragst du mich nach diesen beiden Schaetzen:
Der Lorbeer ist es und die Gunst der Frauen.
Leonore.
Hat jener Kranz um unsers Juenglings Haupt
Den ernsten Mann beleidigt? Haettest du
Fuer seine Muehe, seine schoene Dichtung
Bescheidnern Lohn doch selbst nicht finden koennen.
Denn ein Verdienst, das ausserirdisch ist,
Das in den Lueften schwebt, in Toenen nur,
In leichten Bildern unsern Geist umgaukelt,--
Es wird denn auch mit einem schoenen Bilde,
Mit einem holden Zeichen nur belohnt;
Und wenn er selbst die Erde kaum beruehrt,
Beruehrt der hoechste Lohn ihm kaum das Haupt.
Ein unfruchtbarer Zweig ist das Geschenk,
Das der Verehrer unfruchtbare Neigung
Ihm gerne bringt, damit sie einer Schuld
Aufs leichtste sich entlade. Du missgoennst
Dem Bild
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