schienen diese sich auf die Wanderschaft begeben und diesen
Bezirk griesgraemlicheren Vettern ueberlassen zu haben. Statt der Hitze
der Hundstage war eine Regenperiode angebrochen, wie sie so oft den
Sommer in Hamburg schmaelert. Bestaendige Westwinde trieben immer neue
Regenmassen herbei. Kein Tag verging ohne Niederschlaege. Es waren
unfreundliche, fast herbstliche Tage.
Traurig sah Therese von ihrem Lager aus den Regen herunterrauschen,
gegen die Fenster prasseln, von dem Trottoir aufspritzen in kleinen
glitzernden Boegen, Strahlen und Tropfen.
Wie freute sie sich, wenn ein Sonnenstrahl durch das truebselige Grau
drang, an der Wand des Behnschen Hauses herunterglitt, ueber die Strasse
huepfte, zu ihr ins Zimmer hinein.
Wie gern haette sie ein Stueck Himmel gesehen, aber sie musste sich von
ihrem Bett aus mit der beschraenkten Aussicht auf das Strassenpflaster und
das Parterre des Behnschen Hauses begnuegen.
So kam es, dass sie sich haeufiger mit dessen Bewohnern beschaeftigte,
namentlich mit Lulu.
Wie lange hatte sie Lulu nicht gesehen. Ob sie wohl noch mit Wilhelm
Beuthien ein Verhaeltnis hatte, wie Mimi einmal behauptete. Therese
konnte es nicht glauben. Mimi uebertrieb immer, wenn sie erzaehlte.
Warum denn Mimi sich wohl gar nicht wieder blicken liess. Es war doch
unrecht. Ob sie doch stolz geworden war? Wie gerne haette sie einmal
etwas von ihr gehoert.
Hermann schien doch besser ueber den Schmerz, den Mimi ihm zugefuegt,
hinweg zu kommen, als sie geglaubt hatte. Vielleicht war es auch keine
tiefe, echte Neigung von ihm gewesen.
Ob er einer solchen ueberhaupt faehig war? Keinen Augenblick zweifelte sie
daran.
Wie thoericht war es von Mimi, Hermann nicht festzuhalten. Aber es war
doch gut so. Er wuerde als Verlobter Mimis nicht so viel Zeit fuer sie
jetzt uebrig gehabt haben.
Wie freute Therese sich auf sein naechstes Kommen, auf das sie sicher
rechnen durfte. Er vergass sie nie, und sie fuehlte wohl, es war echte
Teilnahme, was ihn zu ihr fuehrte, nicht kaltes Pflichtgefuehl. Das machte
sie gluecklich. Sie hatte Teil an seinem Herzen.
Manchmal aber bangte ihr heimlich, wenn sie erst wieder gesundet sei,
seines Mitleids nicht mehr beduerfe, koennte das alles wieder anders
werden. Und manchmal auch, aber selten, sehr selten, kam ihr die Furcht:
wenn du nun stirbst?
Aber nur wie ein fluechtiger Schatten huschte das Bild des Todes durch
ihre Gedanken. Ihre Hoffnungsfreudigkeit war nicht zu
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