t ja sehr viel wert, wenn sie
nicht bloss aus schlechter Laune entspringt. Solange Sie _alles_
tadelten, wehrte ich mich dagegen, aber jetzt, wo wir in friedlicher
Stimmung auseinandergehen, jetzt wuerde ich auf Ihr Urteil viel geben.
Sie sagten neulich, es sei alles unschoen und unfein bei uns--"
"Nein," fiel sie ihm ins Wort, "so sagte ich doch nicht und ueberdies
wissen Sie wohl, dass alles nur aus einer gewissen Streitlust gesprochen
war."
"Aber etwas Wahres lag doch wohl Ihren Aeusserungen zugrunde. Moechten Sie
mir nicht sagen, was Ihnen unschoen erscheint in unserem Hauswesen,
unseren Gewohnheiten?"
Fraeulein Bergmann ueberlegte. "Ich kann meine Behauptung wirklich nicht
aufrecht erhalten," und mit einem gutmuetigen, aber doch ein wenig
spoettischen Laecheln fuegte sie hinzu: "Unschoen ist eigentlich nur
_eines_."
"Und zwar?"
"Darf ich es sagen? Nun denn: unschoen kommt mir vor, wenn Sie so wie
jetzt eben im Laufschritt den Tisch umkreisen, an dem man sitzt."
Herr Pfaeffling hielt betroffen mitten in seinem Lauf inne.
"Ihr Wilhelm faengt das naemlich auch schon an," fuhr sie fort, "haben Sie
es noch nicht bemerkt? Neulich lief er ganz in Ihrem Schritt hinter
Ihnen, immer die gleiche Entfernung einhaltend, wahrscheinlich um einen
Zusammenstoss zu vermeiden, da Sie oft mit einem ploetzlichen Ruck
stehenbleiben. Es war sehr drollig anzusehen, nur wurde mir schwindelig
dabei."
"Das begreife ich!" sagte Herr Pfaeffling, "und wenn mir schliesslich alle
Kinder folgen wuerden wie ein Kometenschweif, so ginge das zu weit. Ich
werde es mir abgewoehnen, sofort und mit aller Energie. Wie man nur zu
solchen uebeln Gewohnheiten kommt?" Er versank in Gedanken darueber--und
nahm seinen Lauf um den Tisch wieder auf.
Fraeulein Bergmann verliess laechelnd das Zimmer.
Im Vorplatz uebergab Frau Pfaeffling den vollgepackten Handkoffer an
Walburg. "Ist er nicht zu schwer?" fragte sie.
"O nein," entgegnete Walburg in ungewoehnlich lebhaftem Ton, "ich trage
ihn _gern_ fort."
Hatte sie auch nie die unfreundlichen Aeusserungen gehoert, die Fraeulein
Bergmann ueber sie tat, so hatte sie doch in ihr eine Feindin gewittert
und war froh, dass diese so unerwartet schnell abzog. Warum, wusste sie
nicht, fragte auch nicht darnach, es genuegte ihr, dass offenbar niemand
ungluecklich darueber war, Marianne vielleicht ausgenommen, aber die wuerde
sich bald troesten, und eine neue Mieterin konnte sich nach Ostern
finden.
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