diese Wunde beruehrt wurde, dann antwortete
er leise: "Ich moechte sie gar nicht mehr haben."
"Warum nicht, Frieder? Komm, sage du mir das!" "Weil ich nicht aufhoeren
kann, wenn ich angefangen habe, zu spielen." "Du _kannst_ nicht,
Frieder? Du _willst_ nur nicht, weil es dir schwer faellt; aber siehst du
nicht, dass wir alle aufhoeren, wenn wir muessen? Meinst du, ich moechte
nicht lieber selbst weiter spielen, als Fraeulein Vernagelding Stunde
geben, wenn sie jetzt kommt? Meinst du, die Mutter moechte, wenn sie nach
Tisch in ihren schoenen Buechern liest, nicht lieber weiterlesen als schon
nach einer halben Stunde wieder das Buch aus der Hand legen und die
Struempfe stopfen? Und die grossen Brueder moechten nicht lieber auf den
Balken turnen als ihre Aufgaben machen? Und die Schwalben unter unserem
Dach moechten nicht lieber fuer sich selbst Futter auspicken als
ausfliegen und ihre Jungen fuettern, wie es der liebe Gott angeordnet
hat? Und der Frieder Pfaeffling will allein dastehen auf der Welt und
sagen: 'Ich kann nicht aufhoeren'? Nein, der muesste sich ja schaemen vor
den Tierlein, vor den Menschen, vor dem lieben Gott muesste er sich
schaemen!"
"Ich kann auch aufhoeren," sagte Frieder, "bei allem andern, nur beim
Geigen nicht."
"Da gibt es keine Ausnahmen, Frieder, wer einen festen Willen hat, kann
mitten im Geigenstrich aufhoeren und das musst du auch lernen. Gib dir
Muehe, und wenn du dann fuehlst, dass du einen festen Willen hast, so sage
es mir, dann will ich dir jeden Sonntag fuer eine Stunde deine Geige
geben."
Da leuchtete es in Frieders Gesicht, und nach dem grossen Schrank
deutend, der in der Ecke des Musikzimmers stand, sagte er mit zaertlichem
Ton: "Da innen ist sie!"
"Ja, da ist sie und wartet, ob ihr kleiner Freund bald einen festen
Willen bekommt und sie erloest aus der Einsamkeit. Aber nun geh, Kind;
Fraeulein Vernagelding ist im Vorplatz, ich hoere sie schon lange plaudern
mit Marianne, ich weiss nicht, warum sie nicht herein kommt."
Unser Musiklehrer oeffnete die Tuere nach dem Vorplatz, die drei
plaudernden Maedchen fuhren auseinander, Fraeulein Vernagelding kam zur
Stunde. Noch rosiger und laechelnder erschien sie als sonst, und hatte
solch eine wichtige Neuigkeit unter vielem Erroeten mitzuteilen! Die
Karten waren ja schon in der Druckerei, auf denen zu lesen stand, dass
Fraeulein Vernagelding Braut war! Solch einen schoenen, jungen, reichen,
blonden Bankier hatte sie zum Braeutiga
|