Immer wieder regte sich bei ihnen die Ueberlegung, wie es eigentlich
moeglich sei, dass ein frueherer Offizier, dass dieses in der Welt hin und
her verschlagene Mitglied der Gesellschaft, dass dieser mit
geschaeftlichen Dingen doch bisher nur sehr oberflaechlich vertraute
Lebemann eine solche intelligente Regsamkeit, solche Umsicht, und
ueberdies eine solche Gleichgueltigkeit gegen seine bisherigen
gesellschaftlichen Beziehungen zum Ausdruck brachte.
Aber sie zogen aus diesen Umstaenden nicht den Schluss, dass es eben
Ausnahmen giebt, dass tuechtige Menschen sich energisch aufzuraffen
vermoegen, dass sie das kraeftig abthun, was sich ihnen nur durch die
Verhaeltnisse aufgedraengt hat, sondern sie suchten nach irgend einem
unlauteren Grunde.
Bei Gelegenheit einer monatlich einmal stattfindenden Zusammenkunft der
Redaktions- und Geschaeftsmitglieder wusste der Chefredakteur, Doktor
Strantz, ein Mann mit einem ungewoehnlich hageren Gesicht und langem
Vollbart, bereits das Allerneueste zu berichten, dass naemlich schon ein
fester Kontrakt zwischen Herrn Knoop und Klamm zu stande gekommen sei.
Demzufolge solle Klamm nicht nur Stellvertreter des Chefs werden,
sondern auch die Hauptzuegel in der Redaktion in die Hand bekommen. Ihrer
aller Stellung sei gefaehrdet, seitdem dieser Herr in das Geschaeft
eingetreten sei.
In dem Hinterzimmer eines mit alten, guten Bildern geschmueckten
Bierlokals in der Kronenstrasse sassen sie beisammen, und von kaum etwas
anderem wurde geredet, als ueber Herrn von Klamm.
"Was er wohl sonst treibe?" warf einer der Herren, ein Herr Krammhoever,
nach solchen laengeren, stark missfaelligen und abfaelligen Aeusserungen hin.
"Er waere ihm," bemerkte er, "schon zweimal abends nachgegangen. Da sei
er in ein Haus in der Kurfuerstenstrasse eingetreten. Er, Krammhoever, habe
durch die grossen Spiegelscheiben der Haus- und Hinterthuer beobachtet,
dass Klamm in eine Gartenwohnung hinaufgestiegen sei. Ob er aber dort
logiere oder eine 'Freundin' besitze, wisse er nicht."
Darauf hatte keiner etwas zu sagen, aber die Rede gefiel. Niemandem war
bekannt, wo Klamm wohnte. Ueberhaupt hielt er sich nicht mit Reden, und
noch weniger mit Offenherzigkeiten auf. Er kam, griff gleich ein,
arbeitete oder machte Besuche, und blieb als letzter abends im Geschaeft.
"Ob er wohl bei Knoops im Hause verkehre?"
Darauf konnte Doktor Strantz antworten.
"Und ob! Es sei in den naechsten Tagen beim Chef wieder ein
|