rzel alles Uebels, der Hemmschuh alles Bessern ist.
Gehe hin, meine kleine Schrift, und spreche! Drei Dinge wuensche ich
dir, Fluegel, Feinde und Freunde. Die Fluegel wuensche ich dir, damit du
dich nach allen Seiten verbreitest, die Feinde und Freunde, damit du
nach alten Seiten besprochen wirst.--
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Bekanntlich sprechen die Bewohner Niedersachsens plattdeutsch und
hochdeutsch; ersteres als Volkssprache, letzteres als Sprache der
Bildung. Das Hochdeutsche redet man dialektlos, das heisst Aussprache und
Schreibung stimmen buchstaeblich ueberein[1]. Anders in Mittel- und
Sued-Deutschland. Goethe sprach das Hochdeutsche wie ein geborner
Frankfurter, Schiller wie ein Wirtemberger und noch gegenwaertig hoert
man's der Sprache der Gebildeten Sued-Deutschlands ab, in welcher Provinz
sie zu Hause gehoeren. Daher kann man wol behaupten, dass mancher
niedersaechsische Handwerker _reiner_ hochdeutsch spricht, als der
Wuerzburger Professor, der Badische Deputirte oder der Bewohner der
Provinz Meissen selbst, dessen Aussprache doch zu seiner Zeit von
Gottsched mit dem Privilegium der Klassizitaet begabt worden ist. Allein
man darf nicht vergessen, dass diese Reinheit eine abstrakte und keine
lebendige ist, da der Norden fein hochdeutsch im eigentlichen Sinn des
Worts aus Buechern, zumal aus der lutherischen Bibeluebersetzung gelernt,
nicht aber wie Mittel- und Sued-Deutschland durch lebendig uralte
Tradition von Mund zu Mund empfangen hat.
Ist doch die hochdeutsche Sprache selbst keine Sprache provinzieller
Beschraenktheit, keine blosse Mundart Alt-Meissens, sondern im hoeheren
Sinn ein Kunstwerk des grossen Reformators, der aus den beiden
Hauptdialekten des Nordens und Suedens, schon ohnehin im Saechsischen sich
beruehrend eine Sprache schuf, die, wenn auch mit Vorwalten des
sueddeutschen Elements, jedem deutschen Ohr zugaenglich und verstaendlich
sein, die eine gemeinsame Sprache aller Deutschen vorbereiten sollte.
Aus den edelsten Metallen des unerschoepflichen deutschen Sprachschachtes
gegossen, ward sie in Luthers Haenden die Glocke, welche die Reformation,
den dreissigjaehrigen Krieg, die ganze neue Geschichte eingelaeutet hat.
Mehr als den Griechen der Saenger der Odyssee und Ilias muss uns
Deutschen, Katholiken wie Protestanten, der Uebersetzer der Bibel
gefeiert sein. Die altionische Sprache gehoerte nicht dem Dichter,
sondern der Nation an. Die Sprache der Bibelueberse
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