ls Kind der Natur bist, sie sagen, dass du dir
eine und die andere Gewissenlosigkeit gar wenig zu Herzen nimmst. Aber
ich habe ihnen immer geantwortet, unser Bauer hat nicht zu wenig
Gewissen, er hat zu viel. Er hat zwei Gewissen, ein hochdeutsches und
ein plattdeutsches, und das eine ist _ihm_ zu fein, das andere _uns_ zu
grob und dickhaeutig. Zu diesem wird ihm in seinem eigenen Hause der
Flachs gesponnen, jenes webt ihm die Moral und die Dogmatik; in dem
einen sitzt er wohl und warm und es ist sein Kleid und Brusttuch so
lange er lebt, in dem andern friert ihn und er haelt es nur deswegen im
Schrank, um damit einmal anstaendig unter die Schaar der Engel zu treten.
Ist ihm sein Verhaeltniss zum Staat durch den hochdeutschen Unterricht
vielleicht klarer geworden, als sein Verhaeltniss zur Kirche? Erwirbt er
sich durch das hochdeutsche Medium, das einzige, das ihm Aufschluesse
ueber eine so wichtige Angelegenheit geben kann, Kenntnisse von seinen
Rechten und Pflichten im Staats-Verein, ist ihm dadurch ein Gefuehl von
Selbststaendigkeit, ein Bewusstsein von den Grenzen der Freiheit und des
Zwanges, von Gesetz und Willkuehr aufgegangen, Gemeinsinn geweckt: sein
dumpfes egoistisches Selbst zu einem Bruderkreise erweitert, der Wohl
und Weh an allen Gliedern zugleich und gemeinschaftlich spuert? _Wie_ das
alles? Seine Beamte klaeren ihn nicht auf und er selber--er liest nicht,
er nimmt keine Schrift, kein Blatt zur Hand, er laesst sich auch nicht
vorlesen, das ist gelehrt, hochdeutsch, geht ueber seinen Horizont, laesst
sich nicht weiter besprechen, sein Verstand hat kaum einen Begriff,
seine Sprache kein analoges Wort dafuer. Armer Bauer. Und wenn Wunder
geschaehen und die tausend Stimmen der Zeit, die fuer dich und an dich
gesprochen, dein Ohr nicht erreichen, wenn sie sich verwandelten und
ergoessen in eine goettliche Stimme, die vom Himmel riefe: Bauer, hebe dein
Kreuz auf und wandle--du wuerdest liegen bleiben und sprechen: das ist
hochdeutsch.
Wie er seine Acker vorteilhafter bestellen, seine Geraethe brauchbarer
einrichten, nuetzlicher dieses und jenes betreiben, wohlfeiler dieses und
jenes haben koenne, das lehren ihn Blaetter und Schriften, von
Gesellschaften oder Einzelnen herausgegeben, vergebens: er liest sie
nicht. Schlaegt man ihm sonstige Verbesserungen und Veraenderungen vor, so
schuettelt er den Kopf und bleibt starrsinnig beim Alten. _Dat geit nich,
dat wil ik nich, dat kan ik nich, ne dat do ik nich_; un
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