erz sie ueber die
Abwesenheit ihres einzigen Kindes empfand, nicht entschliessen. Es
erfuellte sie mit hohem Stolz, dass ihr Sohn "in des Koenigs Legion
diente", wie es ja auch ihr verstorbener Mann einst gethan zur Zeit der
Occupation Hannovers im Anfang dieses Jahrhunderts, und trotz aller
Muehe, die sich ihr Bruder gab, gelang es ihm nicht, sie zu ueberzeugen,
dass die damaligen Verhaeltnisse und die damalige Legion, welche der
maechtige Koenig von England aus seinen hannoeverschen Unterthanen
gebildet, etwas ganz anderes sei, als die Emigration, welche heute ihrem
verbannten, machtlosen Koenig in das Exil gefolgt war; sie war ueberzeugt,
dass es wieder anders werden muesse, wie es damals anders geworden war,
und dass ihr Sohn einst siegreich wiederkehren werde, belohnt und
ausgezeichnet von dem Koenig, dem er so treu geblieben--und ihn dieser
glaenzenden Zukunft zu entziehen, dazu konnte sie sich nicht
entschliessen.
So sassen sie denn auch heute wieder da,--sie hatten ihre Arbeit gethan,
der Alte las die Zeitung, wie es ihm nun seit laengerer Zeit zur
Gewohnheit geworden war, und seine Schwester fuellte die Musse ihres
Abends durch die Beschaeftigung mit ihrem Strickstrumpf aus, indem sie
mit jeder Masche desselben theils eine wehmuethige Erinnerung an ihren
Sohn, theils eine freudige Hoffnung auf dessen glaenzende Zukunft
verwebte.
Ploetzlich warf der Alte das Blatt vor sich hin und schlug kraeftig mit
der Hand auf den Tisch, indem er zugleich die ihm unbequeme Brille hoch
auf die Stirn hinausschob.
"Das ist eine gute Nachricht," rief er laut, "der Koenig hat die Legion
aufgeloest, welche ihm so viel Geld kostete, und welche so viele brave
junge Leute ihrer Heimath entfremdete und den Gefahren eines unthaetigen
Lebens aussetzte. Das freut mich, das ist ein guter Entschluss, der
vernuenftigste, den unser Herr hat fassen koennen. Jetzt haben wir doch
Hoffnung, dass der Junge wieder zu uns zurueckkommt, und dass unser altes,
liebes Besitzthum nicht noch in fremde Haende uebergehen wird, waehrend
sein rechter und richtiger Erbe weit in der Ferne ein unruhiges und
abenteuerliches Leben fuehrt."
Die alte Frau Cappei liess den Strickstrumpf in ihren Schooss sinken, ein
freudiger Ausdruck erschien einen Augenblick auf ihrem Gesicht, dann
aber schuettelte sie truebe und traurig den Kopf.
"Das wird wieder eine von den Nachrichten sein," sagte sie, "welche
schon oft von Zeit zu Zeit in den Zeitungen erschienen sin
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